Die Führer des Ordens standen an der Hangstrasse, die hinunter zum letzten Nordhafen des Ordens führte, Kuno gab Kardinal Merlin die Order, die Völker des Ordens hinunter zum Hafen zu führen, dort wo die vielen Schiffe der Komturin seit Tagen ankerten und emsiges Treiben herrschte. Proviant und Baumaterial musste in Unmengen verstaut werden, bevor die Völker eintrafen.
Merlin hatte den Befehl des Hochmeisters vernommen, drehte sich nach hinten zu den ersten Familien der ausziehenden Völker, hob die Ordensfahne und schwenkte sie nach vorn. Kaum daß man sein Zeichen registriet hatte, setzte sich der wartende Pulk in Bewegung und zog wortlos, doch mit Hoffnung in den Augen an Kuno vorbei. Nebel kam auf und Kuno, der auf seinem trinkfesten Pferd Hondo saß, konnte kaum mehr etwas erkennen. Nach Stunden, die letzten Familien gingen die Straße zum Hafen hinunter, tauchte vor Kuno eine zierliche Frauengestalt auf, die ganz in schwarzes Tuch gehüllt war und legte Kuno ein kleines Bündel in die Arme. Der Hochmeister war vor Erstaunen nicht in der Lage etwas zu sagen und bevor er reagieren konnte, war die Frau wieder im Nebel untergetaucht und ließ einen völlig verduzzten Kuno zurück, der nicht wusste ob er lachen oder weinen sollte, denn aus dem Bündel schaute der kleine Kopf eines Säuglings hervor, rund und fast kahl, nur ein weicher Flaum bedeckte die Kopfhaut. Lustige, große runde Augen sahen Kuno an und ab und an gluckste der Winzling vor Freude. Kuno schlug die Hand vor die Stirn und runzelte jene. „Es ist eine Urenkelin von Dir, mein Freund.“ Kuno wäre fast vom Pferd gefallen als er die altbekannte Stimme Traugotts hörte. „Die Tore zur anderwelt waren offen und ich hörte der Orden verlässt Tamar, da wollte ich nach Dir sehen. Gehst Du in Frieden zu den fremden Göttern?“ Kuno sah Traugott in die Augen und nickte. „Vor allem habe ich Frieden mit meinen Göttern gemacht. Ich werde die Tage Tamar verlassen, muß nur noch jemandem einen Besuch abstatten." „Beieil Dich Kuno, die Zeit drängt...“ Traugott flüsterte Hondo etwas in’s Ohr. Hengst Hondo bekam große Augen, drehte den Kopf zur Seite, wieherte kurz und sprengte mit Kuno und dem Bündel in wilder Fahrt davon.
Unterdessen begrüßten sich Komturin Heike und Kardinal Merlin im Nordhafen, tauschten Informationen und die Anweisungen des Hochmeisters aus, bevor sie die Völker auf die Schiffe bringen ließen. „Wir haben in Al’s Kneipe Verbot erhalten, weil Wir Uns amüsierten, nicht so viele Auszeichnungen zu tragen wie Unser Hochmeister.“: sprach Merlin lächelnd zur Komturin. Die verdrehte nur vielsagend die Augen und sagte: „Bei Eberhard werdet Ihr nimmermehr Durst leiden oder sonstwie Tavernenverbot erhalten mein Bester...“ Merlin lachte und verabschiedete sich vorerst von der Ordenskomturin, er wollte sich ein Zimmer suchen...
Nachdem Hondo eine Weile in wildem Galopp über die Felder preschte, kam er nahe einer Kreuzung zum Stehen. Kuno war außer Atem, der Säugling gluckste vor Freude, scheinbar hatte das Kind viel Spaß bei dem wilden Geschaukel. Kuno schüttelte den Kopf. „Urenkelin also, hm...Was mach ich nur mit Dir in diesen Zeiten? Naja, ein Ritter jedenfalls sollst Du nicht werden, eine Frau gehört nicht in Rüstzeug. Du sollst studieren, so Du es kannst und wirst mir wohl in nicht mehr fernen Tagen sagen müssen ob die Sonne scheint, oder ob es Nacht ist...Du hast genau so schöne, große, runde Augen wie ...“: Kuno hielt inne, er dachte wieder an seine einzige Frau, an das Haus in der Stadt, dort wo sie beide unbeschwert viele Tage miteinander verbracht hatten..
Eine sich nähernde riesige Staubwolke brachte den alten Hochmeister aus seinen Gedanken. Kurz daraf löste sich ein Ritter aus jener und Kuno machte sich zum Kampf bereit...man musste als Ordensritter vorsichtig sein in diesen wirren Zeiten. „Packt Eure Lanze weg, Wir sind es, Ritter Liam, der Urenkel von Skar!“ Kuno sah genauer hin und wirklich, es war Ritter Liam, der ihm zurief. „Werter Nachbar und Freund, Wir hörten Gerüchte vom Abzug des Ordens und haben beschlossen mit ihm zu gehen. Auch ziehen die Kinder Eurer Komturin mit Uns.“ Kuno sah Ritter Liam an, dankte ihm und fragte verschmitzt: „Mit Euch ziehen also die Kinder der Komturin? Und somit auch Dame Dana?“ Liam nickte und lächelte. „Na dann bringt Euer Volk zum Hafen und natürlich auch Dana...hehe“
Kuno wandte sich von Ritter Liam ab und ritt zu einem nahegelegenen Wald. Dort angekommen band er Hondo unter ein schattiges Bäumchen und befestigte seine Urenkelin an ihm. „Ihr beide vertragt euch, sonst füllt sich Unser Topf heuer mit Pferdeknacker!“ Kuno ging lachend davon.
Ein paar Minuten später kam er an eine Höhle, die er betrat. Nach ein paar Metern stand er vor einer Tür, über der ein Schild mit aufgemaltem Namen Ankou prangte. „Na das trifft sich, heuer wird ein guter Tag...“
Wenig später, Kuno hatte das Geheimnis um Ankou gelüftet, jenen mit derben Worten bedacht und war drauf und dran ihn zu köpfen, er hatte den Scharlatan enttarnt und wollte ihn angemessen bestrafen, befand sich der alte Hochmeister in einem Hochsicherheitskerker wieder, denn die Schergen des Scharlatanes hatten Kuno überwältigt und ein Schnellgericht, das ihn zum Tode am Strang verurteilte, brachte ihn in diese Todeszelle. „Welch ein Tag.“
Kuno war in schwerer Sorge wegen seiner Enkelin, kannte aber seinen Hengst, der, wenn sein Herrchen nicht zurückkam, sich selbst losmachen konnte...
„Wo der Hochmmeister nur bleibt.“ Die Ordensführung wartete unruhig in einer Hafentaverne. Ritter Liam, der sein Volk zum Hafen gebracht hatte, saß bei ihnen. „Er ritt zu einem Wäldchen nahe der Eisenkreuzung. Vielleicht sollte man ihn dort suchen?“
Im Wald zum Eisenberg fand man des Hochmeisters Pferd und zu aller Überraschung den Säugling.
Eine johlende Menschenmenge schmähte den herangekarrten Hochmeister, der langsam die Stufen zum Galgen hinaufschritt und stolz in die Menge sah. Er musste sich auf eine Leiter stellen, bevor man ihm den Strick um den Hals legte. Nach ein paar Minuten Palaver eines fremden Priesters, stieß man die Leiter vom Galgen weg und Kuno spürte den schneidenen Schmerz des Hanfstrickes am Hals, er hörte wie sein Genick knirschte und auch wie etwas unmittelbar über seinem Kopf einschlug. Kuno fühlte wie er fiel und hart aufschlug, dann verließen ihn seine Sinne.
Derweil brach unter dem Volk Tumult aus, ein Reiter im Mantel der Deutschritter schwang eine Armbrust, warf sie einem heraneilenden Söldner ins Gesicht, zog sein Schwert und hob auf alles ein, was sich nicht schicklich seiner näherte. Ritter Liam, Merlin und die Komturin, die unbemerkt in der Menge lauerten, zogen nun ebenfalls blank und hoben auf die Wachmannschaftsmänner ein, die sich zu sammeln begannen.
Ein Mann wie ein Bär, zog ein Faß unter dem Galgen hervor, schloß es schnell und trug es wankend aus der Menge vom Marktplatz, dabei schoss seine freie Faust derb in die Gesichter der Angreifer, manch einer von ihnen hauchte noch vor Ort sein Leben aus: „Wird mir auch die Leber hart, so wächst kein Gras mehr nach dem Schlag, man nennet mich den Eberhard – ihr Strolche...!“ Von Stetten durchbrach alle gegnerischen Reihen und gelangte schließlich mit dem Faß an einem Fuhrwerke an, auf dem der Bruder Kuno’s saß und lachte.
Komturin Heike wurde auf dem Markt von zwei Angreifern bedrängt, doch Liam eilte ihr zu Hilfe und durchbohrte beide mit seinem Schwerte. Merlin ließ den Bidenhänder des Guother kreisen und die drei Ordensritter erreichten mit viel Not und Blessuren das Fuhrwerke, daß sich in Bewegung setzte, als sich Kuno’s Retter auf jenes warfen. Ihnen gelang die Flucht nach draussen, auch noch bis zum rettenden Wald, doch dort wurden sie bereits erwartet. Eine große Söldnertruppe, eingekleidet mit bestem Rüstzeug, von welchem Spender auch immer, erwartete die Flüchtenden. Mit viel Lärm eilten sie dem Fuhrwerk entgegen. Als die Ordensritter ein Gebet zu Guridh stießen und sich auf ihren letzten Kampf einstellten, ertönte von nahener Reiterschar eine wohlbekannte Stimme: „Hoho, na wer wird denn ohne Uns die Reise nach Deutschen Landen antreten wollen?! Hinweg mit den Schurken!“ Ritter Loewenherz und Reste seiner einst stolzen Ritterschaft prallten mit voller Wucht in die Reihen der Feinde. Loewenherz hackte und stach, wie es sein Alter noch zuließ. „Kuno, hoho...nu aber weg hier!“
Als wären wilde Geister hinter ihnen her, rasten das Fuhrwerk und die Ritter unter dem Löwenbanner zum Ordenshafen...
Noch in der Nacht verließ das letzte Ordensschiff den Hafen.
Am Bug des Schiffes standen die meisten Mitglieder des Ordenskapitel, Komturin Heike hatte den Säugling im Arm und sang ihm Schlaflieder, ihre Gedanken gingen dabei zurück an ihre verstorbenen Männer Timme und Sedor. Bruno hatte sich mit Kuno ausgesöhnt, beide wollten sich auf der Ordensburg des Eberhard eine große Bibliothek anlegen und den Weinkeller ausbauen, Liam hielt Dame Dana im Arm, beide dachten an ganz etwas anderes, Ritter Loewenherz jedoch dachte ganz ähnlich, er wollte Dame Ivenhoe den Hof machen und im Bankgeschäft des Deutschordens den Wechsel einführen,Kardinal Merlin dachte an die alten Zeiten, hob mit Eberhard einen Humpen und sie prosteten den anderen zu...AUF DEN ORDEN
Als das Schiff den Horizont erreichte, schwebten über ihm schemenhaft die Geister von Skar und Guother, zurück blieb ein kopfschüttelndes Karnickel...welches wenige Tage später von einem Wolf gefressen wurde...
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