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Der Fähnrich

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Blondel
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Beitrag von Blondel »

Die Taube erreichte den Ritter als er sich auf dem Weg in die alte Stadt befand. Mit sorgenvoller Miene las er langsam die Botschaft , dann rollte er das Schreiben wieder zusammen, legte es in eine der Satteltaschen und ritt zur alten Schmiede.
Harold döste vor sich hin als er Hufschlag vernahm. Er griff sich einen schweren Hammer und trat vor die Schmiede. Seine angespannten Gesichtszüge lockerten sich beim Eintreffen des Ritters und er ging ihn begrüßen. Die beiden Männer sprachen kurz miteinander, Harold nickte ein paar mal und wenig später ritt der Ritter wieder davon.

Schnee fiel und machte die Straßen ruhig. Die Fensterläden der Häuser waren meist schon geschlossen und der Nachtwächter begann durch die Straßen zu laufen um den Menschen die Uhrzeit zu künden und um Diebesgesindel fernzuhalten.
Zwei Schatten huschten durch die Gassen. An jedem Haus blieben sie stehen und klopften nach einem bestimmten Muster gegen das Holz von Türen oder Fensterläden. Nach einer Weile traten die Bewohner mit gepacktem Bündel vor die Häuser und warteten auf die Anweisungen des Schmiedes. Frauen hatten ihre Kleinstkinder in dicke Wolldecken gewickelt und ihnen wenn nötig hartes Brot zur Beruhigung in den Mund geschoben, an dem sie saugen konnten. Die Männer gingen Hand in Hand mit den größeren Kindern durch die Straßen. Harold führte die Menge leise bis zum Stadtfriedhof. Dort hatte der Ritter mehrere Leitern an der Stadtmauer aufgestellt und sorgte dafür, daß die Menschen alle sicher über die Mauern gelangten. Die Prozedur zog sich über mehrere Stunden hin. Alles lief reibungslos und am frühen Morgen war die Stadt menschenleer, nur noch die kleine Garnision der Fremdherrscher blieb besetzt. Auch der Nachtwächter verließ am Morgen die Stadt.

Kurz vor Sonnenaufgang kam der Ritter an einem Haus vorbei, das viele Erinnerungen in ihm weckte. Hier verbrachte er die schönsten Stunden seines Lebens. Bilder längst vergangener Zeit wurden wieder lebendig... Er lag verwundet auf der Liege und sie war bei ihm seine Schmerzen zu lindern. Er glaubte den Geruch ihrer zarten Haut wahrzunehmen, den Kräuterduft ihrer Salben und die Berührungen ihrer sanften Hände. Doch sie war tot...Bei diesem Gedanken zuckte er zusammen und seine Sinne kehrten gerade noch rechtzeitig zurück, sonst hätte ihn der unbekannte Angreifer von hinten niedergestochen. Der Ritter schnellte, während er das Schwert aus der Scheide zog, herum und zog es dem Fremden, nachdem er dessen Absichten erkannte, mitten durch’s Gesicht.
Alles geschah fast geräuschlos und nachdem sich der Ritter vergewisserte, daß nicht noch weitere Angreifer in der Nähe waren, zog er einen kleinen Schlüssel aus seiner Gürteltasche und schloß damit das alte Haus auf. Den Angreifer legte er hinter der Tür ab. Der Ritter sah sich nicht um und schloß, nachdem er auf der Straße die Spuren des Kampfes verwischt hatte, die Tür wieder ab.
Als der Ritter die Stadt verließ, hatten sich die Flammen ihren Weg aus dem Haus nach draußen gesucht...
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Blondel
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Das kleine Volk hatte zwei Tage im Wald unweit vom Hafen gelagert. Feuer konnten sie nicht entzünden, sie wären entdeckt worden und so nährten sie sich von Brot und Dürrfleisch. Die Menschen waren müde nach den langen Märschen und sammelten während der Ruhephase neue Kraft.
Bei Einbruch der Nacht schlichen die Menschen unter Führung von Harold zu einer nahe gelegenen Bucht. Dort ankerten mehrere schwere Handelsschiffe, die von leichten Kriegsschiffen gesichert wurden. Am Strand lagen viele kleine Boote, mit denen das kleine Völkchen zu den Schiffen gebracht wurde.
Während Boot um Boot auf den Wellen zu den Handelsschiffen glitt, unterhielt sich der Ritter mit einer Frau und wollte ihr einen Geldbeutel überreichen. Doch sie schüttelte ablehnend ihr Haupt, umarmte den Ritter und übergab ihm ein Kartenbündel. Dann verabschiedete sie sich von ihm und ging zu einigen Kindern, die gerade in eines der kleinen Boote steigen wollten. Sie herzte die Kleinen und steckte ihnen wohl Süßes zu, denn die Kinder jauchzten vor Freude und hätten das Einsteigen vergessen wenn sie nicht von einem mürrischen Ruderer ins Boot gescheucht worden wären. Der Ritter bestieg das letzte Boot und wenig später wurden die Anker gelichtet und die Schiffe nahmen langsam Fahrt auf. Am Strand blieb die Frau zurück und sah den Schiffen noch lange nach.

Wochenlang waren der Ritter und das kleine Volk unterwegs, sie querten verschiedene Meere und kämpften sich nun seit Tagen durch unwegsame Wälder. Dichter Nebel erschwerte dem Ritter die Orientierung. Durch den Nebel war tagsüber der Sonnenstand nicht zu ermitteln und nachts konnte man keine Sterne am Himmel ausmachen. Nur anhand der Wetterseite der Bäume konnte der Ritter den ungefähren Weg bestimmen, den man nehmen musste um an das lang ersehnte Ziel zu gelangen.
Langsam bewegte sich der Zug durch den Wald. Wenn ein Kind schwächelte nahm es der Ritter auf sein Pferd. Bis gestern hatte es ein Liegegestell hinter sich hergezogen. Ein alter Mann war zu schwach um gehen zu können. Er verstarb bei Sonnenuntergang und man begrub ihn neben einer großen Buche.
Der Ritter spürte wie etwas seine Gesichtshaut kitzelte. Es waren Sonnenstrahlen die durch den Nebel brachen. Durch die Menge ging ein Ruck und war sie eben noch träge und müde, bewegte sie sich nun schneller und ungeduldiger der Sonne entgegen.
Nach kurzer Zeit hatten sie den Wald passiert, der Nebel lichtete sich und sie konnten auf saftige Wiesen sehen. Am Horizont war die Silhouette einer Stadt zu erkennen und nun wurde es zur Gewissheit - Sie waren frei.
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Der Ritter befand sich noch nicht lange im Heiligen Land, als er von einer Eskorte fremder Reiter aufgegriffen wurde. Er ließ sich ohne Widerstand festnehmen. Die Fremden nahmen ihm die Waffen ab und brachten ihn zu einem Zeltlager ihres Volkes.
Der Ritter wurde in ein prunkvolles Zelt geführt und er erhielt seine Waffen zurück. Seine Begleiter entfernten sich und er fand Zeit sich im Zelt umzusehen. Vor ihm befand sich eine gedeckte Tafel mit allen nur erdenklichen Speisen. Er versuchte sein Hungergefühl zu unterdrücken und wandte sich ab. An den Seitenwänden des Zeltes befanden sich kleine Regale mit vielen Büchern. Hinter einem mit Tüchern abgetrennten Bereich befand sich eine Liege. Gern hätte er sich niedergelegt um zu schlafen, er war müde und ausgelaugt. Der Lady verpflichtet hatte er viel geleistet und sich nicht geschont. Das ließ ihn sein Körper spüren.
Wie er gedanklich die Abläufe der letzten Monate noch einmal erlebte, wurde er von einem Geräusch am Eingang des Zeltes abgelenkt.
Dann standen sie sich gegenüber. Sie, Vertreter von völlig unterschiedlichen Kulturen, trafen aufeinander. Sein Gegenüber trug lange weiße Kleidung. Keinerlei Ornamente befanden sich auf ihr. Auf dem Kopf trug er einen Helm wie ihn die Leute im Osten trugen, daran angebracht lag der Kettenschutz im Nacken und über seinen Schultern. Eine kräftige, leicht nach unten gebogene Nase gab seinem markant geschnittenen, braungebrannten Gesicht eine Ausdruckskraft, der sich niemand entziehen konnte. Die dunklen, hervorstechenden Augen waren von einem klaren Blick. Der Fremde lachte ihn aufgeschlossen an und teilte ihm mit, daß er sein Gast wäre und kein Gefangener. Die angespannten Gesichtszüge des Ritters entspannten sich und als seine kleine Freundin, die Lady hinter dem großgewachsenen Herrscher hervortrat, staunte er nur noch. Bevor er sprechen konnte, fiel ihm die Lady ins Wort und beruhigte ihn. „Macht Euch keine Sorgen, wir befinden uns unter Freunden.“
Der Gastgeber lud beide zur gedeckten Tafel und bald fanden sie sich in einem angeregten Gespräch wieder.

Der Fürst aus dem Osten wandte sich an den Ritter. „Ich weiß daß ihr sie bei euch die Auserwählte nennt. Mein Volk nennt sie al muchtarra, im Norden nennt man sie muchairra. So Gott will wird sie ihre Mission erfüllen. So Gott will werden ich ihr mit meinem Volk beistehen.
Doch Ihr mein Ritter seid ehrlich und nicht verkommen wie so viele andere eurer Kultur. Euer Ruhm war bei Uns, noch bevor Ihr auf mein Volk getroffen seid. Ihr seid ein ein edelmütiger Mensch und das Schicksal hat bestimmt , daß unsere Völker sich in Frieden treffen werden. Werden wir als Freunde dieses Zelt verlassen?“
Der Ritter nickte bei den Worten des Fürsten und sprach langsam und deutlich: „Wir werden Freunde sein, wenn wir dieses Zelt verlassen.“
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Trotz seines Alters schritt der Ritter die Stufen der Straßen zwischen den engen Gassen schnell und ernergisch hinauf. Sein Ziel war eine kleine Kirche am höchsten Punkt des Ortes. Dort wollte er ein paar Kerzen für seine Gefolgsleute stiften. Für all die Frauen und Männer die ihm die Treue schworen und sie niemals aufgekündigt haben.
Er erreichte das Portal, das mit Bildern der heiligen Geschichte geschmückt war. Verächtlich warf er einen kurzen Blick auf die Halbreliefs, die ihm heuchlerischer als sonst vorkamen. Nachdem er sich vergewisserte, daß ihm niemand folgte, betrat er die Innenräume.

Der Ritter ging zum Altar. Er stellte einige Kerzen auf den Opfertisch und entzündete sie, dann begab er sich auf eine der hinteren Bankreihen des Raumes. Als er die Kapuze seines Mantels überwarf und einige Minten zu dösen schien, betraten in dieser Zeit nacheinander verschiedene Persönlichkeiten Tamars die Kirche.

Der Ritter schien zu träumen als eine kleine Gruppe von Händlern und Bewaffneten die Kirche betraten. Er hörte jedes ihrer Worte und vernahm daß eine ihm bekannte Person die Kirche noch nicht betreten hatte weil sie sich im Vorgarten am Brunnen entspannen wollte.
Der Ritter erhob sich lautlos und schlich durch einen Nebenraum nach draussen. Schon von weitem erkannte er die Gestalt der großgewachsenen, schlanken Frau, die am Brunnen stand und sich das Gesicht wusch. Er näherte sich ihr und hörte wie sie sich leise beklagte daß sie sich verlassen vorkam und von keiner Seite Hilfe zu erwarten war.
Mit einem schnellen Schritt stellte sich der Ritter neben die Frau und hielt ihr geschickt den Mund zu, denn vor Schrecken hätte sie laut geschrien, aber als sie den Ritter sah entspannten sich ihre Gesichtszüge und ihre Augen begannen zu glänzen. Beide gingen zu einer nahe gelegenen Steinbank und sprachen lange miteinander. Sie kannten sich seit vielen Jahren und waren einander sehr vertraut. Der Ritter stand während des Gespräches hin und wieder auf und zeigte mal in die eine, mal in die andere Richtung und die Frau nickte oft bei seinen Worten. Die Frau überreichte ihm später einige Schriftpergamente und eine Karte. Der Ritter besah die Karte und schien ihr etwas zu erklären, denn die Frau hörte aufmerksam zu und stimmte seinen Worten zu. Am Ende des Gespräches standen beide auf und umarmten einander. Die Frau ging zu ihrer Gemeinschaft in die Kirche und der Ritter verschwand in der Nacht.
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Die Lady verfehlte den Ritter nur knapp als sie ihr Pferd in den Kirchgarten lenkte. Sie sah noch wie eine großgewachsene Gestalt durch das Eingansportal der Kirche nach innen schritt und sich ein großer Schatten nach dem Wald hin bewegte. Sie war zu müde um dem Schatten zu folgen und machte daher ihr Pferd vor der Kirche fest. Wenig später betrat sie die Innenräume der schlichten Kirche.

Die großgewachsene Frau stand hinter einer Säule und beobachtete das Eingangsportal. Sie war sicher, daß der Reiter, den sie draussen hatte nahen hören die Kirche betreten würde und sie wurde nicht enttäuscht.
Als sie die Lady sah, erkannte sie wer die Kirche betreten hatte. Die Lady war von zierlicher Schönheit, ihr Blick war selbstsicher und klug. Sie musste es sein. Der Ritter hatte sie ganz so beschrieben und für die großgewachsene Frau gab es keine Zweifel mehr. Sie verließ ihren sicheren Platz hinter der Säule und ging langsam auf die Lady zu. Bei ihr angekommen sank sie auf die Knie und entrichtete den Treueeid.
Die übrigen Anwesenden der Kirche wurden auf das Gebahren ihrer Gefährtin aufmerksam und richteten die Blicke auf die zierliche Besucherin der Kirche. Die zierliche Lady war ihren Ahnen über alles ähnlich und sie gingen zu den beiden Frauen und sanken auf die Knie, um der zierlichen Besucherin die Treue zu schwören.

Unterdessen kam es in einem nahen Waldstück zu einem Treffen zweier hochrangiger Ritter.
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Seit dem Treffen der hochrangigen Ritter vergingen viele Jahre, Jahre, die begleitet waren von Hoffnungen und Enttäuschungen, Jahre in denen gewaltige Kriege geführt worden sind und sich das Antlitz der Welt verändern sollte. Doch es kam anders...

Müde und allein ritt der alte Ritter den kleinen, ausgetretenen Pfad durch dichten Wald. An einer unscheinbaren Holzhütte, deren Dach aus Moosflechten bestand, und scheinbar keine würdige Bleibe eines solchen Ritters wie ihm war, hielt er sein Roß an und machte es an einem Baum, unmittelbar neben der Hütte, fest. Er sah sich kurz um, ob ihm auch wirklich niemand gefolgt sei und dann klopfte er leise an die schwere Eichentür. Die Eichentür öffnete sich leicht und zwei zierliche Hände zogen ihn in das Innere der Hütte. Hätte sich der Ritter nicht schnell beim Eintreten gebückt, wäre er heftig mit dem Kopf gegen den Querbalken des Türrahmens gestoßen.
In der Hütte befand sich eine Kochstelle, ein kleiner Holztisch, zwei wacklige Stühle und ein kleines Bett. Auf dem Tisch brannte ein Kerze und warf spärliches Licht in den Raum. „Setzt Euch doch werter Freund.“ : sprach die junge Frau sanft zu ihm. „Ich habe auch etwas zu essen für Euch vorbereitet.“ Als sich der Ritter schwerfällig auf einen der Stühle sinken ließ, eilte die Frau an die Kochstelle und rührte in zwei Töpfen, die über der Feuerstelle aufgehangen waren, kräftig herum. „Wenn Ihr inzwischen das Brot schneiden würdet...?“ Der Ritter nahm das frisch gebackene Brot, es hatte einen herrlichen Geruch, setzte es auf ein bereitgestelltes Holzbrett und schnitt mit seinem schlicht verzierten Dolch ein paar kräftige Scheiben davon ab. Kurz darauf stellte die zierliche Frau zwei Töpfe auf den Tisch, der eine war mit Erbsbrei und der andere mit deftigen Wildschweinfleischstücken gefüllt. Der Ritter achtete kaum auf das was um ihn geschah, er sah der Frau mit stechendem Blick in die Augen und stellte ihr mehrere Fragen. „ Ihr seid auserwählt, warum seid Ihr hier?“ Die Frau zuckte bei seinen Worten zusammen. Sie hatte seine Fragen so sehr gefürchtet und nun stellte er sie ihr. „ Ihr seid Nachkommin eines großen Geschlechtes, warum seid Ihr hier? „ Die Frau richtete sich auf und erwiderte ihm nur: „ Und warum seid Ihr hier und nicht bei Euren Rittern? „ Der alte Ritter sah sie an und nickte leicht mit dem Kopf: „ Ihr seid wahrlich nach Euren Ahnen geraten. Ihr macht Uns stolz.“ Als er das sprach, versagte ihm mit dem letzten Wort fast die Stimme. Er senkte den Blick, damit sie nicht sehen konnte, daß Tränen in seinen alten Augen standen.
Aber sie sah es und nahm den Kopf des Ritters fest in ihre Hände. Sie gab ihm einen liebevollen Kuss auf die Stirn und tröstete ihn, denn sie wusste warum er heute hier war und welchen langen Weg er zurückgelegt hatte, welchen langen Weg seine Gefährten zurückgelegt hatten und wie sie betrogen worden sind. Sie wusste, daß er die Fäden des Bilderreigens der Geschichte einmal wieder in seinen Händen hatte und sie war stolz, daß er sie in seine Ausbildung genommen hatte. Er war ihrer Familie immer verbunden und sie würde ihm bis zu seinem letzten Atemzug dankbar dafür sein. „ Auch wenn ich nicht ganz den Weg meiner Ahnen gehen werde, weil ihn ein anderer gehen wird, so werde ich doch meine Aufgabe erfüllen. Und nun esst mein alter Freund, Ihr solltet Euch stärken, bevor Ihr wieder aufbrecht.“
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Nachdem der alte Ritter ausgiebig gespeist hatte, führten er und die junge Lady lange Gespräche, die bis zum Morgen des darauffolgenden Tages dauerten. Sie sprachen von vergangenen Ereignissen, von gescheiterten und umgesetzten Zielen und sie sprachen über die Zukunft. Die Lady war in der Wahl ihrer Worte sehr bedacht, sie wusste um die Absichten ihres alten Freundes, der für sich und seine Gefolgschaft eine Entscheidung getroffen hatte. Sie stellte ihm Fragen sodass sich der Ritter ihr offenbahren musste und sie konterte geschickt, wenn er versuchte sie für diese Entscheidung zu gewinnen. Der alte Ritter merkte bald, dass es keinen Sinn hatte sie mit seinen Argumenten zu überzeugen, auch wenn er ihr unausweichbare Fragen stellte, so fand sie doch immer wieder eine Möglichkeit ihm zu entrinnen. Sie war eben ganz nach ihren Ahnen geraten. Der alte Ritter seufzte und einen Moment nur huschte ein Lächeln über sein Gesicht, als er an sie dachte...

Am frühen Morgen, die Sonne hatte es geschafft ihr Licht durch den Nebel zu bringen, der über und im Wald lag, schlief der alte Ritter am Tisch. Die junge Lady hatte ihm eine Decke über den Rücken geworfen und machte sich daran ein Frühstück zu bereiten. Sie war glücklich, denn sie hatte etwas erreicht, was hätte keiner außer ihr erreichen können und so ging ihr die Arbeit schnell und gut von der Hand.
Sie würde bald diesen Ort verlassen, vielleicht ein paar Stationen mit ihrem alten Freund reisen, oder sich allein auf den weiten Weg nach Hause machen. Bis zum Abend würde sie es wissen.
Als dem Ritter der Duft von gebratenem Speck durch die Nase zog, blinzelte er erst mit den Augen, zuckte mit den Nasenflügeln und begann sich dann zu dehnen und zu strecken. Ihm fiel wieder ein, daß ihn seine junge Freundin im Gespräch niedergerungen hatte und dass sich sein Weg ändern würde. Er seufzte, was die junge Lady hörte und ihm sogleich Messer und Löffel reichte. So war der alte Ritter mit dem Schneiden des Brotes beschäftigt und wenig später saßen beide am Tisch um zu speisen.

Als der Abend hereinbrach, machte sich der alte Ritter in Begleitung seiner jungen Freundin auf den Weg zu seiner Gefolgschaft...
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Die junge Edelfrau führte ihr Pferd leise durch den dichten Tannenwald. Ihr Blicke striffen ruhelos umher, ihre zierlichen Hände krallten sich fester in die Zügel und ihr Atem wurde schneller. Sie hatte Angst. Seitdem sie die Zeremonie, die in der alten Reichshauptstadt abgehalten wurde, verlassen hatte, nahm eine stärker werdende innere Unhruhe von ihr Besitz.
Vor wenigen Augenblicken war ihr, als huschten mehrere Gestalten durch das Unterholz und folgten ihr. Sie bereute es, nicht auf den Rat ihres Freundes gehört zu haben, doch erst morgen die Reise anzutreten. Es war zu spät.
Aus dem Hinterhalt stürzten sich mehrere Männer auf sie und warfen sie auf den kalten Waldboden. Einer hielt ihr den Mund zu und ein anderer vertrieb ihr Pferd. Ein dritter trat ihr in den Bauch und der Schatten eines vierten Mannes näherte sich dem Geschehen...ein gellender Schrei hallte durch die dunkle Welt...

„Mein Herr, wir haben sie gefunden, kommt...“ Der Ritter eilte mit schnellem Schritt die Schlucht hinunter. Das Blut in seinen Schläfen hämmerte wie während eines Kampfes, klare Gedanken konnte er nicht fassen, alles erschien ihm unwirklich und grotesk...dann sah er sie. Ihre Augen waren geöffnet, sie waren schön wie immer, ihr Blick war nur seltsam entrückt. Die Peiniger der jungen Lady hatten sie die Schlucht hinuntergestoßen. Sie lag auf einem Findling und ihre Kleidung war von Blut durchtränkt. „Wer immer Euch das angetan hat meine kleine Freundin, er wird dafür büßen!“ Behutsam, als könnte er ihr noch im Tode Schmerz zufügen, nahm er seine junge Freundin vom Findling auf und trug sie nach oben zu seinen Begleitern.
„Mein Herr, seht Euch das hier an!“: rief ihm ein Ritter zu. Der alte Ritter legte die Leiche der jungen Frau auf eine Bahre und begab sich zum Rufer. Dort wurden ihm ein paar auffällige Spuren gezeigt. Mit geübten Blick erkannte er, daß 4 Wesen an dem Verbrechen beteiligt waren. Drei der Spuren waren die von Menschen, die vierte Spur jedoch war ganz anders, aber er hatte sie schon oft gesehen. Das vierte Wesen hinterließ immer wieder gleiche Spuren. Es ließ erst andere die Schmutzarbeit verrichten, um sich anschließend auf eine ganz eigene pervertierte Art und Weise an den Opfern vergehen zu können. „Du glaubst so überleben zu können, aber ich werde Dir den Todesstoss versetzen, Du bist zu weit gegangen...Wesen.“ :sprach der Ritter mit fester Stimme und versammelte noch am gleichen Tag die Ritterschaft.
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Der alte Ritter kehrte mit der Leiche der jungen Lady in deren Reich zurück.

Ihr Volk hatte sich in der Hauptstadt versammelt, um am Sarg der Lady Abschied zu nehmen. Man hatte den Sarg im Dom platziert und ein unaufhörlicher Strom an Menschen zog an ihm vorüber. Neben dem aufgebahrten Leichnam hielten der Verlobte der Lady und zwei ältere Ritter Mahnwache.
Das vorbeiziehende Volk warf Blüten von Flieder und Jasmin in den offenen Sarg und bald waren Sarg und die tote Lady ganz von einem Meer aus Blüten umgeben.

Nach drei Tagen und drei Nächten der Trauer, schoben drei Ritter ein Boot hinaus auf’s Meer. Auf Deck befand sich der Leichnam der Lady, ihr zu Füßen abgelegt, kostbares Rüstzeug und allerlei Speisen. Das Meer war ruhig und die sich dort befindliche Strömung zog das Schiff hinaus zum Horizont. Plötzlich schlugen Flammen aus dem Boot und ein heller Feuerschein erhellte das Wasser am dunklen Horizont. Manche erzählten sich später, daß für eine gewisse Zeit ein ungewöhnliches Leuchten über dem Schiff zu sehen war, in die Flammen eintauchte und mit einem weiteren Leuchten wieder am Nachthimmel verschwand. Die Menschen konnten sich diese Erscheinung nicht erklären, nur der alte Ritter und seine Freunde wussten um das Geschehen.

Als der alte Ritter die Burg betrat, um den Verwalter zu sprechen, wurde er nahe des Richtsaales von einem Ritter in einen gesonderten Raum geführt. Dort ließ man ihn allein, bis nach kurzer Zeit eine Frau in den Raum trat. Der Ritter erkannte sie und sie begrüßten sich herzlich. Die Frau bot ihm einen Platz an und wollte von ihm wissen, ob er ihr Angebot, das sie ihm vor einiger Zeit unterbreitet hatte, annehmen wolle. Erst lehnte der Ritter dankend ab, aber die Frau blieb hartnäckig, sie war der Meinung, daß es endlich an der Zeit wäre, daß er an sich selbst denken müsse. Er habe soviel für den Glanz anderer Herrscherhäuser getan, daß er nun selbst einmal die Früchte seiner Arbeit ernten solle. Nach langen Diskussionen wurden sie sich einig und der alte Ritter ging den Verwalter aufsuchen.

Sechs Monate später wurde der alte Ritter im Krönungssaal zu Wurmedich von den Kurfürsten zum Kaiser erhoben.
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Beitrag von Blondel »

Die Führer des Ordens standen an der Hangstrasse, die hinunter zum letzten Nordhafen des Ordens führte, Kuno gab Kardinal Merlin die Order, die Völker des Ordens hinunter zum Hafen zu führen, dort wo die vielen Schiffe der Komturin seit Tagen ankerten und emsiges Treiben herrschte. Proviant und Baumaterial musste in Unmengen verstaut werden, bevor die Völker eintrafen.
Merlin hatte den Befehl des Hochmeisters vernommen, drehte sich nach hinten zu den ersten Familien der ausziehenden Völker, hob die Ordensfahne und schwenkte sie nach vorn. Kaum daß man sein Zeichen registriet hatte, setzte sich der wartende Pulk in Bewegung und zog wortlos, doch mit Hoffnung in den Augen an Kuno vorbei. Nebel kam auf und Kuno, der auf seinem trinkfesten Pferd Hondo saß, konnte kaum mehr etwas erkennen. Nach Stunden, die letzten Familien gingen die Straße zum Hafen hinunter, tauchte vor Kuno eine zierliche Frauengestalt auf, die ganz in schwarzes Tuch gehüllt war und legte Kuno ein kleines Bündel in die Arme. Der Hochmeister war vor Erstaunen nicht in der Lage etwas zu sagen und bevor er reagieren konnte, war die Frau wieder im Nebel untergetaucht und ließ einen völlig verduzzten Kuno zurück, der nicht wusste ob er lachen oder weinen sollte, denn aus dem Bündel schaute der kleine Kopf eines Säuglings hervor, rund und fast kahl, nur ein weicher Flaum bedeckte die Kopfhaut. Lustige, große runde Augen sahen Kuno an und ab und an gluckste der Winzling vor Freude. Kuno schlug die Hand vor die Stirn und runzelte jene. „Es ist eine Urenkelin von Dir, mein Freund.“ Kuno wäre fast vom Pferd gefallen als er die altbekannte Stimme Traugotts hörte. „Die Tore zur anderwelt waren offen und ich hörte der Orden verlässt Tamar, da wollte ich nach Dir sehen. Gehst Du in Frieden zu den fremden Göttern?“ Kuno sah Traugott in die Augen und nickte. „Vor allem habe ich Frieden mit meinen Göttern gemacht. Ich werde die Tage Tamar verlassen, muß nur noch jemandem einen Besuch abstatten." „Beieil Dich Kuno, die Zeit drängt...“ Traugott flüsterte Hondo etwas in’s Ohr. Hengst Hondo bekam große Augen, drehte den Kopf zur Seite, wieherte kurz und sprengte mit Kuno und dem Bündel in wilder Fahrt davon.

Unterdessen begrüßten sich Komturin Heike und Kardinal Merlin im Nordhafen, tauschten Informationen und die Anweisungen des Hochmeisters aus, bevor sie die Völker auf die Schiffe bringen ließen. „Wir haben in Al’s Kneipe Verbot erhalten, weil Wir Uns amüsierten, nicht so viele Auszeichnungen zu tragen wie Unser Hochmeister.“: sprach Merlin lächelnd zur Komturin. Die verdrehte nur vielsagend die Augen und sagte: „Bei Eberhard werdet Ihr nimmermehr Durst leiden oder sonstwie Tavernenverbot erhalten mein Bester...“ Merlin lachte und verabschiedete sich vorerst von der Ordenskomturin, er wollte sich ein Zimmer suchen...


Nachdem Hondo eine Weile in wildem Galopp über die Felder preschte, kam er nahe einer Kreuzung zum Stehen. Kuno war außer Atem, der Säugling gluckste vor Freude, scheinbar hatte das Kind viel Spaß bei dem wilden Geschaukel. Kuno schüttelte den Kopf. „Urenkelin also, hm...Was mach ich nur mit Dir in diesen Zeiten? Naja, ein Ritter jedenfalls sollst Du nicht werden, eine Frau gehört nicht in Rüstzeug. Du sollst studieren, so Du es kannst und wirst mir wohl in nicht mehr fernen Tagen sagen müssen ob die Sonne scheint, oder ob es Nacht ist...Du hast genau so schöne, große, runde Augen wie ...“: Kuno hielt inne, er dachte wieder an seine einzige Frau, an das Haus in der Stadt, dort wo sie beide unbeschwert viele Tage miteinander verbracht hatten..
Eine sich nähernde riesige Staubwolke brachte den alten Hochmeister aus seinen Gedanken. Kurz daraf löste sich ein Ritter aus jener und Kuno machte sich zum Kampf bereit...man musste als Ordensritter vorsichtig sein in diesen wirren Zeiten. „Packt Eure Lanze weg, Wir sind es, Ritter Liam, der Urenkel von Skar!“ Kuno sah genauer hin und wirklich, es war Ritter Liam, der ihm zurief. „Werter Nachbar und Freund, Wir hörten Gerüchte vom Abzug des Ordens und haben beschlossen mit ihm zu gehen. Auch ziehen die Kinder Eurer Komturin mit Uns.“ Kuno sah Ritter Liam an, dankte ihm und fragte verschmitzt: „Mit Euch ziehen also die Kinder der Komturin? Und somit auch Dame Dana?“ Liam nickte und lächelte. „Na dann bringt Euer Volk zum Hafen und natürlich auch Dana...hehe“
Kuno wandte sich von Ritter Liam ab und ritt zu einem nahegelegenen Wald. Dort angekommen band er Hondo unter ein schattiges Bäumchen und befestigte seine Urenkelin an ihm. „Ihr beide vertragt euch, sonst füllt sich Unser Topf heuer mit Pferdeknacker!“ Kuno ging lachend davon.
Ein paar Minuten später kam er an eine Höhle, die er betrat. Nach ein paar Metern stand er vor einer Tür, über der ein Schild mit aufgemaltem Namen Ankou prangte. „Na das trifft sich, heuer wird ein guter Tag...“
Wenig später, Kuno hatte das Geheimnis um Ankou gelüftet, jenen mit derben Worten bedacht und war drauf und dran ihn zu köpfen, er hatte den Scharlatan enttarnt und wollte ihn angemessen bestrafen, befand sich der alte Hochmeister in einem Hochsicherheitskerker wieder, denn die Schergen des Scharlatanes hatten Kuno überwältigt und ein Schnellgericht, das ihn zum Tode am Strang verurteilte, brachte ihn in diese Todeszelle. „Welch ein Tag.“
Kuno war in schwerer Sorge wegen seiner Enkelin, kannte aber seinen Hengst, der, wenn sein Herrchen nicht zurückkam, sich selbst losmachen konnte...

„Wo der Hochmmeister nur bleibt.“ Die Ordensführung wartete unruhig in einer Hafentaverne. Ritter Liam, der sein Volk zum Hafen gebracht hatte, saß bei ihnen. „Er ritt zu einem Wäldchen nahe der Eisenkreuzung. Vielleicht sollte man ihn dort suchen?“
Im Wald zum Eisenberg fand man des Hochmeisters Pferd und zu aller Überraschung den Säugling.

Eine johlende Menschenmenge schmähte den herangekarrten Hochmeister, der langsam die Stufen zum Galgen hinaufschritt und stolz in die Menge sah. Er musste sich auf eine Leiter stellen, bevor man ihm den Strick um den Hals legte. Nach ein paar Minuten Palaver eines fremden Priesters, stieß man die Leiter vom Galgen weg und Kuno spürte den schneidenen Schmerz des Hanfstrickes am Hals, er hörte wie sein Genick knirschte und auch wie etwas unmittelbar über seinem Kopf einschlug. Kuno fühlte wie er fiel und hart aufschlug, dann verließen ihn seine Sinne.
Derweil brach unter dem Volk Tumult aus, ein Reiter im Mantel der Deutschritter schwang eine Armbrust, warf sie einem heraneilenden Söldner ins Gesicht, zog sein Schwert und hob auf alles ein, was sich nicht schicklich seiner näherte. Ritter Liam, Merlin und die Komturin, die unbemerkt in der Menge lauerten, zogen nun ebenfalls blank und hoben auf die Wachmannschaftsmänner ein, die sich zu sammeln begannen.
Ein Mann wie ein Bär, zog ein Faß unter dem Galgen hervor, schloß es schnell und trug es wankend aus der Menge vom Marktplatz, dabei schoss seine freie Faust derb in die Gesichter der Angreifer, manch einer von ihnen hauchte noch vor Ort sein Leben aus: „Wird mir auch die Leber hart, so wächst kein Gras mehr nach dem Schlag, man nennet mich den Eberhard – ihr Strolche...!“ Von Stetten durchbrach alle gegnerischen Reihen und gelangte schließlich mit dem Faß an einem Fuhrwerke an, auf dem der Bruder Kuno’s saß und lachte.
Komturin Heike wurde auf dem Markt von zwei Angreifern bedrängt, doch Liam eilte ihr zu Hilfe und durchbohrte beide mit seinem Schwerte. Merlin ließ den Bidenhänder des Guother kreisen und die drei Ordensritter erreichten mit viel Not und Blessuren das Fuhrwerke, daß sich in Bewegung setzte, als sich Kuno’s Retter auf jenes warfen. Ihnen gelang die Flucht nach draussen, auch noch bis zum rettenden Wald, doch dort wurden sie bereits erwartet. Eine große Söldnertruppe, eingekleidet mit bestem Rüstzeug, von welchem Spender auch immer, erwartete die Flüchtenden. Mit viel Lärm eilten sie dem Fuhrwerk entgegen. Als die Ordensritter ein Gebet zu Guridh stießen und sich auf ihren letzten Kampf einstellten, ertönte von nahener Reiterschar eine wohlbekannte Stimme: „Hoho, na wer wird denn ohne Uns die Reise nach Deutschen Landen antreten wollen?! Hinweg mit den Schurken!“ Ritter Loewenherz und Reste seiner einst stolzen Ritterschaft prallten mit voller Wucht in die Reihen der Feinde. Loewenherz hackte und stach, wie es sein Alter noch zuließ. „Kuno, hoho...nu aber weg hier!“
Als wären wilde Geister hinter ihnen her, rasten das Fuhrwerk und die Ritter unter dem Löwenbanner zum Ordenshafen...

Noch in der Nacht verließ das letzte Ordensschiff den Hafen.
Am Bug des Schiffes standen die meisten Mitglieder des Ordenskapitel, Komturin Heike hatte den Säugling im Arm und sang ihm Schlaflieder, ihre Gedanken gingen dabei zurück an ihre verstorbenen Männer Timme und Sedor. Bruno hatte sich mit Kuno ausgesöhnt, beide wollten sich auf der Ordensburg des Eberhard eine große Bibliothek anlegen und den Weinkeller ausbauen, Liam hielt Dame Dana im Arm, beide dachten an ganz etwas anderes, Ritter Loewenherz jedoch dachte ganz ähnlich, er wollte Dame Ivenhoe den Hof machen und im Bankgeschäft des Deutschordens den Wechsel einführen,Kardinal Merlin dachte an die alten Zeiten, hob mit Eberhard einen Humpen und sie prosteten den anderen zu...AUF DEN ORDEN
Als das Schiff den Horizont erreichte, schwebten über ihm schemenhaft die Geister von Skar und Guother, zurück blieb ein kopfschüttelndes Karnickel...welches wenige Tage später von einem Wolf gefressen wurde...

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Faramir
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Beitrag von Faramir »

...eines finsteren Tages ritt ein unscheinbarer Handelsmann just durch die Lande, welche damals berühmt wurden durch die Abfahrt der letzten Ordensgesellen...

Das kleine Dörfchen, daß hier als Ablegestelle bekannt wurde, war mittlerweile zur Ruhe gekommen, so wie ganz Tamar allmählich nach dem ersten Weltenbrand zur Ruhe gekommen war. In den Schmieden wurde wieder gefeuert, die Handwerker gingen ihrem Handwerk nach und die Bauern bestellten die Felder, wie sie es seit Jahrhunderten taten. Zwar hatten viele Familien, bedingt durch die Kriege Verwandte, Söhne, Väter und Kinder verloren, trotzdem musste das normale Leben weitergehen und da wo die Männer nicht mehr anwesend waren, mußten die Frauen Männerarbeit verrichten und nebenher noch auf die Kinder aufpassen. So kam es, das Hansrig, der Händler, an diesem Tage viele Frauen auf den Feldern beobachten konnte.

Der Handelsmann ritt an jenem Tage einen grau-weißen Schimmel, trug einfache, wenngleich ordentliche Kleidung in Form eines langen Kittels mit dem Zeichen "Faramir des Grauen" und darüber einen Rechteckmantel aus Wolle, alles in Naturfarben wie es für die niederen Stände des einfachen Volkes angebracht war. Sein Herr hatte ihm aufgetragen in diesen Landen einem ganz besonderem Auftrag nachzugehen und er würde versuchen ihn zu erfüllen.

Als er von weitem das Dorf mit dem kleinen Hafen erblickte, freute er sich endlich das Ziel dieser Reise erreicht zu haben. Er griff in seine Seitentasche und holte die Schriftrolle mit dem Auftrag heraus. Wohlweislich rollte er sie nicht auf, denn der Himmel war wolkenverhangen und hier und dort regnete es plötzlich ein paar Tropfen. Nicht auszudenken, wenn das Wasser die Tinte auf der Schriftrolle verwischen würde, jetzt wo er nach drei Monaten Reise am Ziel angelangt war.

Hansrig ritt in das Dorf hinein und folgte dem tiefen und matschigen Dorfweg in der Hoffnung er würde ihn ins Zentrum des Dorfes führen. Eventuell auf den Marktplatz oder zum Rathaus. Die kleinen Dorfhäuschen rechts und links an seiner Seite sahen alt und verkommen aus. Wer auch immer hier seit dem Ableben des Guothers herrschte, musste das Dorf ziemlich verkommen haben lassen. Hansrig fragte sich immer wieder wie es sein konnte, daß ganze Völker, einstmals intelligent und gebildet, nach einem Krieg oder einer Rebellion so verkommen konnten, daß Ihr ganzes Reich anschließend jahrelang wirtschaftlich am Boden lag. Die Menschen schienen dann regelrecht ausgelaugt vom Krieg zu sein und im Zeichen der Inflationen, konnten sie unter anderem ihre Häuser nicht mehr instand setzen. Das Resultat waren dann solche heruntergekommenen Häuser.

Er ritt weiter und sah ein paar Kinder welche Fangen spielten und dabei Kopftücher trugen, welche die Augen verbanden und viel Spaß zu haben schienen. Wenigstens die neue Generation hatte also noch Ihre Freude am Leben. Letztendlich war aber auch das kein Wunder. Ihre Augen hatten nicht das gesehen, was die alten in den letzten Dekaden so mitbekommen hatten. Und dementsprechend konnte Hansrig auch gut nachvollziehen, daß jeder alte Greis am Wegesrand ihn griesgrämig oder mißtrauig hinterher starrte. Er war fremd für diese Menschen. Und Fremde waren im Krieg selten etwas gutes.

Hansrig erreichte den Marktplatz, der im Grunde nur aus einer halb zerstörten Dorfkapelle, einem schäbigen baufälligem Rathaus und einem Brunnen in der Mitte mit einem kleinen bepflasterten Platz drumherum, bestand. Das klackern der Hufe seines Pferdes verriet ihm, daß es jetzt Zeit war abzusteigen und jemand nach dem Weg zu fragen. Da um diese Zeit kein Markt mehr war und die Händler bereits alle Ihre Waren wieder verstaut und abtransportiert hatten, war der Marktplatz auch relativ leer. Nur vereinzelt stand noch ein Planwagen herum um ihn herum einige Personen welche Waren verstauten oder am Ochsengespann herumhantierten.

Hansrig hielt seinem Schimmel am Zügel und hielt langsam auf einen etwas grobschlächtigeren fahrenden Händler zu.

"Verzeiht, mein Herr!"

Der Händler ließ von seinem Tun ab und drehte sich um. Er taxierte Hansrig eine Millisekunde von oben nach unten und beschied anscheinend, daß hier noch Gold zu holen wäre "Ah, min Herr, wulled ih' hevorragende Töpferware kufe ?. Me han alles im Angebot. Heut sin besunders gönstisch de Nachtöpfje. Wulled Ihr Nachtöpfje kufe ?"

"Nein, Danke mein Herr." Hansrig musste leicht schmunzeln. "Ich bin Hansrig, mein Herr, Hofhändler bei Faramir dem Grauen. Mit wem habe ich denn die Ehre ?"

"Oh, oh. Mercapto Barfieß, min Herr. Ih' sit abe nit vun hie' oda, min Herr ? Habed nen siltsamen Släng, wenn Ih' wißet wat ich mine..."

"Da habt Ihr Recht, Herr Barfieß. Wir kommen von der idyllischen Insel Chulak. Das ist weit im Westen und wir sind mehrere Monate unterwegs gewesen um in dieses Dorf zu gelangen. Wißet Ihr zufällig wo wir den hiesigen Bürgermeister finden können? Das Rathaus da sieht uns nicht gerade bewohnt aus."

Der grobschlächtige Händler verlor etwas das Interesse an dem Gespräch und beschloß es anscheinend so schnell wie möglich wieder zu beenden um weiter seinem Tagwerk nachzugehen. "De Bürjermiester ? De han he in dem kline Dörfje kine Bürjermiester mie...Det mache nu allet de Rat de Alten. Wenn ih' wat zu melde habt, wendet eüch an den örtliche Scheriff. Den findet Ih' direkt hinda dem Bruchbuut von Rathus he."

Hansrig musste zusehen wie Herr Barfieß ihm bereits den Rücken zudrehte um weiter am Ochsengespann zu arbeiten. Er ließ sich aber nicht davon abhalten noch mehr Informationen zu erfragen. "Könnt Ihr mir denn eventuell den Namen des Scheriffs nennen oder wo ich diesen 'Rat der Alten' finde ?"

"Nej, de Nam vun dem Burekopp is mi' echd entfalle. Wie sull ich mich uch an all de Name erinnere wenn ich et nit mal hinbekum mine Nachtöpfje zu verkufe ?" Leicht grummelig bückte sich Mercapto Barfuß und inspizierte die Fesseln des Ochsen, als wenn man sich um diese gerade besondere Sorgen machen müsste. Hansrig schaute einige Sekunde stumm zu und seufzte dann leicht vor sich hin. Er griff in die Satteltasche seines Pferdes und hohlte einen kleinen Geldbeutel heraus.

"Was denkt Ihr, Herr Barfieß, wäre es möglich, daß Ihr mir einen Eurer tollen Nachtöpfchen verkauft ? Wir denken da an den kleinen gelben vorne."

Sofort sprang Barfieß auf und zeigte mit Interesse wieder auf seine Waren. "He'' Hansi, de klejne jelbe is duch für de Kinde'! Wullt Ihr eüren Allewetesten uf so ein klejnes zerbrechliches Tonjefäß setze ? Nej, neh. Das kummd nit in Fragje. Wen schu da nehmt da hie' de große Pott für Männe' "

"jut... aäh gut, gut. Dann gebt mir allendhalben den fetten Nachttopf da." Hansrig dämmerte es das er diese Pott wohl am nächsten Haus verschenken mußte. Auf seinen Schimmel würde er das große Ding jedenfalls nicht verstaut bekommen. "Und Ihr wißt nicht zufällig wo ich den Scherrif oder den 'Rat der Alten' finde ?"

Barfieß holte den großen Nachttopf herunter und überreichte ihn stolz seinem Käufer. "Drej Guldstück hätte me' dann jern." Er kassierte das Gold und setzte sich anschließend direkt auf seinen Wagen und machte sich zum losfahren bereit. "De Scheriff ? Ach de Scheriff! Sagt dat duch glejch man! Min Bruda findet Ih' um de Zik uf de Felda nödlisch vun dem Durf, uf dem Barfieß-Hof." Er gab seinen Ochsen die Peitsche und die setzten sich augenblicklich in Bewegung. Mercapto kontrollierte das ganze mit stetigen Ausrufen eines "Kummd Ih' Teufelsviecha! Nijt su schnell! Bloß nijt su schnell...!"

Hansrig schaut ziemlich belämmert aus der Wäsche und dem Händler hinterher. Vor ihm stand der fette Nachttopf und der Marktplatz hatte sich mittlerweile komplett geleert. Er schaute rechts, er schaut links. Niemand zu sehen. Er nahm den Nachttopf, roch am Innenleben, zuckte zurück, da ein übler Geruch aus ihm entwich und verzog das Gesicht. Was zur Hölle... ?

Auf zum Scheriff!

(to be continued)
Blondel
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Beitrag von Blondel »

Um das Sterbebett des Alten hatten sich die Kapitelmitglieder versammelt, zu ihnen wurde ich bestellt, als der Sterbende bei klarem Bewusstsein war. Ich teilte ihm die Kunde vom Tod seines Erzfeindes mit, worauf er mich beauftragte seine Nachworte nach Tamar zu tragen, dann schied ich von ihm, schwer im Herzen und voller Wehmut.

Der Alte gelangte nach vielen Irrfahrten erst vor wenigen Jahren in den neuen Gefilden an, in denen sich sein Orden niedergelassen hatte.
Die verstreuten Ordensritter hatten sich neu formiert, sie gründeten einige wenige Burgen und viele Komtureien.
Erste Angriffe von Feinden wurden erfolgreich abgewehrt. In den Zeiten des Friedens baute man die Städte aus, siedelte Handwerker und Tagelöhner an, sicherte das Umland auf denen Gehöfte der Bauern entstanden und der eintretende bescheidene Wohlstand zog Händler an, die den Reichtum mehrten.

Als Kuno endlich die Ordensgestade erreichte, wurde er zum Heermeister gewählt und groß ward die Freude und noch größer die anschließende Feier.
Als die Zeit des Friedens dem Kriege wich, begab sich der Orden mit weiteren Herrscherhäusern zum Heiligen Zuge gegen den Feind und Kuno Killerkarpfen führte das Heer.
Den sich abzeichnenden Sieg erlebte er nicht mehr, er erkrankte schwer, übergab den Titel des Heermeisters an seinen Nachkommen und wird, da ich heuer den Bericht schreibe verschieden sein.

Ich habe viele Jahre die Ordensgeschichte aufgeschrieben, nun, da der Orden in fernen Landen kämpft, werde ich vorerst keine weiteren Schreibaufträge tamarscher Herrscher annehmen und mit dem Orden reisen.

Mögen die Gebeine der alten Herrscher Frieden finden, mögen deren Taten unvergessen bleiben und mögen die Verbliebenen ihnen nacheifern und versuchen sie in ihren Leistungen zu übertreffen.



„Als mich der Wind striff, war es ein Hauch von ihnen und ich ging, sie zu suchen...“


Blondel
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