Ich möchte über die Felder hüpfen, auf Krokusse treten und im Gras gefärbte Hundeköttel verstecken. Darauf hätte ich jetzt Lust. Aber nein - ich muß Weihnachten feiern!
Nur weil alle das jetzt tun und in den Kaufhäusern die länglichen Schokolade-Skulpturen zur Zeit einen dicken roten Bierbauch-Seppl auf dem Staniolpapier haben anstatt eines fröhlichen Karnickels mit Eiern im Rucksack.
Ja wer bin ich denn? Muß ich mir von anderen vorschreiben lassen, welches Fest ich zu feiern habe und in welcher Stimmung ich sein muß? Ich will aber nicht wie ein Schaf der Herde zur Krippe folgen oder mich wie ein Lemming vor den Rentierschlitten werfen! Ich möchte auch nicht mehr in einen Supermarkt gehen, um 100 g Mortadella zu kaufen, nur um dort ohne Pause mit Weihnachtsliedern von Roger Whittaker berieselt zu werden und meinen Aufschnitt in Geschenkpapier verpackt zu bekommen!
Zu einer Zeit, wo jede Ansammlung von zwei Fischbuden mit einer silbernen Lamettakette in der Auslage zum Weihnachtsmarkt mutiert, jeder Furz nach Spekulatius riecht und sich die Kollegen im Büro billigen Tüten-Rotwein mit Süßstoff in der Mikrowelle warmmachen und einem als Glühwein anbieten, da wäre es doch eigentlich ganz erfrischend, beispielsweise zum obligatorischen Betriebskomasaufen in der Firma mal nicht mit roter Zipfelmütze sondern wuscheligen Hasenohren an der Rübe hereinzuhoppeln. Arbeitet man in der Hierarchie eher im Parterre der ERfolgspyramide, wird man als endgültig durchgeknallter Vollidiot gelten - gehört man zur Führungsebene, wird man die innovative Weitsicht eines Mannes bewundern, der immer schon seiner Zeit ein paar Monate voraus war.
Und erst das Fernsehen: schon jetzt graut mir davor, das im Dezember in jeder größeren Show irgentein längst vergessener Promi am Ende als Weihnachtsmann verkleidet seinen Sack ausschütten wird, am zweiten Feiertag wie immer doofe Stars in der r Manege alberne Pferde im Kreis laufen und Äpfel abdrücken lassen werden und kein Advent vergehen wird, ohne das auf mindestens 4 Sendern ein Wiener Jungeunuchen-Chor Stille Nacht gesungen hat.
Ohne mich! Singt Hallelujah beim Wasserlassen, hackt Bäume um, behängt den toten Torso mit farbigem Plastik-Kitsch und packt den Verstand in Goldpapier - ich geh jetzt Eier bemalen!
Obiger Text stammt im Orginal nicht von mir, aber einerseits wäre es nicht Weihnachten ohne ihn und besser könnte ich es auch nicht ausdrücken

Bye,
Tim