Der Henker
Ribenkipf stöhnte gequält auf, als sein Kopf erst gegen die armdicken Eisenstangen und daraufhin den steinernen Boden stieß. Blut quoll aus seiner Nase und sein rechtes Auge war zugeschwollen. Seine Kleider waren zerissen, sein Körper ausgezehrt vom Hunger. Eine riesige, knorrige Hand legte sich um seinen Nacken.
„Na, gefällt Dir das?" knurrte der Henker und schlug seinen Kopf nocheinmal stirnüber auf die Steinplatten. Das feuchte Klatschen, dass es verursachte, ließ dem Henker eine wohlige Gänsehaut über den Rücken laufen. Ribenkipfs Nase war jetzt endgültig zerschmettert und ihre Splitter hatten sich in seinem ganzen Gesicht verteilt. In dem dunkelroten, gerinnenden Fleck auf dem Boden waren weiße Knochenstücke und ein paar abgebrochene Zähne zu sehen. Ribenkipf begann zu würgen. Der Henker hasste es, wenn er das tat.
„Hör auf damit!" schrie er und liess seine Pranke auf Ribenkipfs Gesicht niederfahren.
Alsdann der arme Teufel endlich aufgehört hatte zu schreien, nahm der Henker ihn an den letzten Fetzen seiner einstmals vollen, dunkelbraunen Haare und schliff ihn mit sich. Ab und an zerrte er mit besonders bösem Willen an den Strähnen auf dass diese mit Fetzen seiner Kopfhaut abrissen.
Endlich erreichten Henker und Opfer das Ziel. Eine Streckbank. Mit einem Ruck drehte sich für Ribenkipf die Welt und er prallte hart auf etwas auf. Unglaubliche Schmerzen durchzogen jede Faser seines Körpers, er bekam keine Luft, spuckte Blut und konnte nichts mehr sehen ausser tiefroten Schlieren, die in ihrer Helligkeit variierten.
„Oh mein Gott, armer Hund, wie siehst Du denn aus?" fragte der Henker mitleidig und holte rasch einen Eimer mit kaltem Wasser. „So überlebst Du ja nie, was ich noch mit Dir vorhabe." Er begann das Blut und die Zähne und die Knochensplitter mit einem groben Schwamm aus dem Gesicht des Gestraften zu wischen, schüttete ihm ab und an etwas Wasser in den Mund und nach einer fünfminütigen Behandlung sah er schon nicht mehr ganz so nah dem Tode aus. Daraufhin legte der Henker ein paar heilende Kräuter in den Mund Ribenkipfs, band Arme und Beine an der Streckbank fest und verließ den Raum zum Scheissen.
Als er, sich die Hände an seinen Hosen abwischend, wiederkam, war Ribenkipf offensichtlich eingeschlafen und lag entspannt auf der Streckbank. Ein Grinsen umspielte des Henkers schmale Lippen und mit einem Ruck riss er das Rad herum welches die Bewegung sogleich auf die Streckbank übertrug und sie beinahe zwei Handspann weit auseinandertrieb. Nur ein Ächzen verließ Ribenkipfs Mund und ein hartes Knacken fuhr seine Wirbelsäule empor. Immer wieder ein Geräusch, welches unseren Henker zu einem glückseligen Stöhnen veranlasste. „Das ist herrlich, nicht wahr?" fragte er säuselnd und küsste sanft die zerlaufene Masse, die eins Ribenkipfs Nase gewesen.
Dieser hingegen wandte sich desorientiert vor Schmerz und wollte nur noch sterben um all diese Folter nicht länger über sich ergehen lassen zu müssen. Zitternd öffnete sich sein Mund und während sich die Bank unter ihm um eine weitere Spann öffnete winselte er mit fliehender Stimme um die Gnade des Todes.
„Keine Angst, mein lieber Ribenkipf, diese Gnade wird Dir noch zu Teil, aber alles, „er riss erneut am Rad, „aber alles zu seiner Zeit."
Interessiert beugte sich unser glückliche Henker über die Bank und beobachtete die unglaubliche Länge von Ribenkipfs Armen und Beinen. „Wusstest Du, dass man einen Menschen angeblich bis zu 12 Spann dehnen kann, ehe er stirbt? Er kann dann zwar weder sitzen noch liegen oder geschweige denn stehen, ohne unendliche Schmerzen zu leiden, aber es geht. Ist das nicht unglaublich, was wir heute alles können?"
Das Ächzen, dass nun sein geraumer Zeit aus des Sträflings Mund kam, langweilte Henkerlein und er beschloss, dass die Streckbank für den Moment ausgedient hatte. Offensichtlich verlangte sein Kunde nach Abwechslung.
Ribenkipf bekam nicht mit was passierte als die Welt für ihn erneut zur Seite kippte und sich seine schlabbernden Arme und Beine wie von selbst um den erhitzen Körper des Henkers legten. Sorgsam wurde er auf einen Stuhl gesetzt. Und festgebunden. Erst jetzt merkte er es. Es war kein gewöhnlicher Stuhl. Sein Körper war bereits so sehr geschunden, dass es immer ein wenig dauerte, eine neue Schmerzquelle auszumachen.
Aber jetzt waren sie ja da. Die glühend heißen Millionen von Stacheln und Dornen die auf der gesamten Sitzfläche des Stuhl befestigt waren. Unter sich hörte er das leise Prasseln eines kleinen Feuers.
„So, hier wirst Du Dich für ein paar Glasen ausruhen." sprach Henker und stellte ein Stundenglas vor sich auf die Streckbank. „Ich erkläre Dir die Weil, was ich noch alles für Dich vorbereitet habe." Er verstumme kurz und sah das in sich zusammensinkende Gesicht von Ribenkipf. „Und hüte Dich davor, ohnmächtig zu werden!" rief er erzürnt aus. „Ich habe Mittel und Wege, Dich wieder zu erwecken und dann wirst Du nicht morgen früh sterben - sondern nie! Nie wird das Leiden enden, hörst Du? Nie!" Doch Ribenkipfs entfliehen dieser Welt war unaufhaltsam. Fast. Denn hätte der gute Henker nicht ein Fläschchen Riechsalz bei sich gehabt, wer weiß, wann der alte Narr wieder aufgewacht wäre. So aber erwachte er im selben Augenblick da Henker ihm das Fläschchen gab.
„So, und jetzt hör zu, Du Narr. Dies hier sind die sogenannten Baumgartschen Stiefel, man hat sie an der Küste oft gebraucht um Piraten zu strafen, auf dass diese niemals mehr auf dem Deck eines ihrer verfluchten Schiffe stünden. Das Bein wird hier hineingeführt, „ er deute auf einen beinahe Hüfthohen, stählernen Stiefel, bei dem sich etwa auf Knie und auf Knöchelhöhe feste Schrauben befanden, „und mit diesen Schrauben dort zerquetsche ich dann erst Deine Knöchel, langsam, Fingerbreit für Fingerbreit, und wenn sich die Schrauben in der Mitte fast berühren werde ich sie erst langsam wieder öffnen. Eine Prozedur, wohlgemerkt, die Dir weitaus größere Schmerzen bereiten wird, als der eigentliche Vorgang des Zerquetschens, jedenfalls ist es dass, was ich bisher aus den Schreien meiner anderen Kunden an Wissen ableiten konnte. Sobald Dein Fuß also zu Brei wird, den mein zahnloser Vater würde herunterwürgen können, wenden wir uns Deinem Knie zu, ein Vorgang der unwesentlich grausamer ist, als der erste, aber den feinen Unterschied wirst Du sowieso nicht mehr wahrnehmen, vor Wahn.
Um diesen zu kurieren werde ich Dich dann für drei Tage in die Obhut unseres Heilers übergeben, welcher, getreu seinem Eid, das Beste tun wird, das er kann, um Dein armseliges Leben, um dessen Beendigung Du Wurm ja jetzt bereits bettelst, zu verlängern."
Gurgelnde Geräusche verließen Ribenkipfs Mund als er begann, sich zu übergeben und Tränen vermengt mit hellrotem Blut verließen seine Augen. Er kotze sich die Seele aus dem Leib, spruckte sich voll und wünschte sich nur, er würde sterben. Da kam ihm eine Idee: wenn er sein Erbrochenes im Mund behalten, gar wieder einatmen würde, dann würde er sich einen schnellen Tod bescheren und der grausame Henker würde ihm nichts weiter antun können.
Doch so leicht war unser Henker nicht zu überlisten. Kaum sah er, was Ribenkipf plante, indem er sich die Backen schloß, da durchstieß er sie kurzerhand mit seinem kurzen, scharfen Dolch und die Kotze lief zusammen mit einem neuen Strom frischen Blutes über Ribenkipfs Körper.
„Das könnte Dir so passen!" rief er erzürnt und erregt gleichzeitig.
Also berichtete er, zur Strafe, umso ausführlicher von den Qualen, denen Ribenkipf noch ausgesetzt werden müsse, so die schrecklichen Daumenschrauben, die eine ähnliche Funktion wie die Baumgartschen Stiefel hatten. Dann kam er zu einem Instrument, dass er mit lächelnden Lippen „Beruhigungsstuhl" nannte, welches man mit einem Ruck kopfüber in einen Bottich voll Wasser, kochendem Fett oder ähnlichem fallen lassen konnte, nur um es dann wieder herauszuholen. Es klang grausam, war aber noch ungleich schlimmer. Henker führte aus, dass das Grausame daran die Ohnmacht war, der der Patient ausgeliefert sei, und dass seiner Erfahrung nach eiskaltes Wasser noch am ehesten geeignet war, um keine bleibenden Wunden zu schaffen und den Stuhl so lange Zeit verwenden zu können. Dort sprach er vom Nadelbrett, ein andern Mal vom Fleischhammer und dem Rippenberster. Seine blumige Sprache berichtete von der Steineiche, vom Rädern und von der Feuerkur, vom Pferderennen, der erlösenden Gnade von ein paar Peitschenhieben, er zeigte ihm die Instrumente mit denen man auf vielfältigste Weise das Fleisch eines Menschen zertrennen oder verformen, zusammennnähen oder auseinanderschneiden konnte, zeigte ihm, mit welchen Mitteln man die Augen eines Menschen aus den Höhlen bekommt, beschrieb den Anblick bis ins schauerlichste Detail und verriet daraufhin, welchen Genuss es ihm bereitete die Augen zu verzehren oder es dem Opfer selber zu gestatten, sie herunterzuschlingen, welches gierig danach waren, überhaupt etwas zu beissen zu kriegen, nach tagelanger Folter wahnsinnig und schrill.
Als letztes berichtete der Henker von seinem liebsten Ende einer jeden Folterung. Er zeigte Ribenkipf einen 2 Schritt langen, armdicken Pfahl und berichtete davon, dass dieser in den Arsch hinein und aus dem Mund wieder herausgeführt würde, und dass Meister seines Faches, so wie er selber einer war, es verstünden, keine inneren Organe dabei zu verletzen, so dass das auf so eine Art aufgespießte Opfer, wenn es Glück hatte, bis zu drei Tage überleben konnte, ehe es verhungerte. Meistens, so berichtete der Henker, liess er seine Opfer noch so lange in der Sonne stehen, bis der faulige Eiter die Haut ablöste und er sie, nachdem er sie in einem Bach gereinigt hatte, einem Buchbinder als ein zähes Leder überreichte, in welches er ein Buch zu binden hatte, dass man der Herrin zum Geschenk machen konnte."
Ende