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Verfasst: Fr Aug 29, 2003 10:48 am
von Roderich
1. Die Entstehungsgeschichte des Ordens:

Aus einer mündlichen Legende über die Gründung des Ordens der Tanaai:

Ein mächtiges Reich erstreckte sich über das Land.

Ein Herrscher, voller Ideale und Visionen, verdammt, grausam zu scheitern.

An Jahren jung, an seiner Seit ein Ritter, höchstem Edelmuts, sein Loyalität Legende, sein Ehr unerschütterlich.

Im ersten Sommer der Herrschaft, in jenen Tagen der Trauer über den Tod des Vaters, in jenen Tagen der Freude über die eigene Herrschaft, Lachen über die dunklen Weissagungen, zwei Raben im Fluge, Schatten verbreitend.

Der Krieg, so unerwartet, ein Reich mit einem jungen Herrscher, ein nur schwacher Feind, wie günstig war die Stund !

Das Reich erzittert, zahlreich war der Feind, schrecklich der Kampfe.

In dunkler Stund ein Ritter, stolz führte er die Truppen, Silbern die Rüstung.

Wo Gefahr, ein Banner zeigte den Weg, vom Feind gefürchtet, von den eigenen verehrt.

Dreizehn Schlachten, zwei Jahre lang, das Reich bestand die Prüfung.

Silber, nie beschmutzt, führte Hoffnung zum Siege.

Der Krieg endet, der Feind erkennt, Tugend unerschütterlich, bittet um Frieden.

Dunkle Zeiten werfen dunkle Schatten, dem Herrscher, dem Siege nahe, die Gier überkam.

Rache, was ihn trieb.

Das Leiden seines Volkes, die Worte des Ritters, die Warnung seiner Krönung missachtend, der Krieg ging weiter.

Der erste Rabe flog über das Land.

Das Volk, dem Frieden nahe, so schrecklich enttäuscht, erhob sich.

Zorn, nicht Verständnis, ein Ritter in silberner Rüstung gesandt, auch diese Schlacht zu schlagen.

Finstere Nacht, die Schlacht, sie naht !

Loyalität, Gerechtigkeit, die Nacht wandelte Tugend in reinste Verzweiflung.

Die vierzehnte Schlacht, folgt dem Ritter, Sieg, der Wille des Verdammten war geschehen.

Silber, beschmutzt vom Blute.

Der zweite Rabe flog über das Land.

Sein Schrei, den Tod des Ritters verkündend.

Ein Mann, gebrochen, geplagt, ziellos wandert er.

Jahre vergehen, er schweigt.

Leiden tilgt die Schuld, der Weg durch Verzweiflung führt.

Hoffnungslosigkeit bedeckt das Land.

Er schweigt.

Das Leid der Menschen.

Er schweigt.

Im fünften Jahre größte Ungerechtigkeit erblickt !

Ein Rabe über den Erschlagenen flog, gerichtet, Nahrung gestohlen, der Mörder lacht, das Recht ist ihm !

Er senkt seinen Blick, beschämt von der Erkenntnis.

Er sieht.

Gerechtigkeit herrscht.

Loyalität muss dienen.

Ehre ist die Grundlage allen Handelns !

Ein einfacher Mann, Wahrheit erkennend.

Tiefste Finsternis durch das schwächste Licht bereits erhellt.

Ein Mann, Hoffnung verbreitend.

Gerechtigkeit die Menschen heilt.

Ehre erstrahlt seinen Ruf.

Die anderen, sie kommen, zu sehen, zu verstehen.

Der Orden des Raben war geboren !


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Lord Roderich von Arkania
Großmeister des Ordens der Tanaai
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Botschaften bitte an: pbem@gmx.net

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Verfasst: Fr Aug 29, 2003 10:53 am
von Roderich
2. Das Leben in dem Orden:

Aus einem Vortrag des Ordensmeisters Gregorius:

Die Gründung des Orden der Tanaai wird im Allgemeinen auf Alberich von Cyrosar zurückgeführt.

Alberich von Cyrosar diente als Ritter in der 2. Dynastie unter dem Herrscher Preas III., welcher bereits in dem jugendlichen Alter von 15 Jahren durch den Tod seines Vaters an die Macht kam und dessen Herrschaftsantritt den großen Bruderkrieg einläutete, welcher die 2. Dynastie beenden sollte.

Es scheint insoweit bewiesen, dass Alberich von Cyrosar als Heerführer von Preas III. eine zentrale Funktion in dem großen Bruderkrieg besaß.

In den offiziellen Dokumenten dieser Zeit verlor sich der Name Alberich von Cyrosar aber mit der Schlacht bei den Tanaai, einer Gruppe von kleineren Seen nahe der damaligen Hauptstadt des Reiches.

Nahe dieser Seengruppe hatte sich - so wird es berichtet- ein Heer von aufständischen Bauern versammelt.

Es war eine schreckliche Zeit, aufgrund der Krieges, der daraus resultierenden drückenden Abgabenlast, sowie aufgrund zweier Missernten in Folge leidete das Volk große Not, Zig tausend Menschen verhungerten.

Der Aufstand scheiterte. Alberich von Cyrosar gelang es mit einem taktisch großartigen Vorgehen die zahlenmäßig weit überlegene Bauernarmee vernichtend schlagen zu können.

In den Berichten über diesen Sieg wird der Name Alberich von Cyrosar zum letzten Mal in einem Dokument geführt.

Jahre später, das Land war bereits zerfallen in viele kleine Herrschaftsgebiete, berichten die Aufzeichnungen das erste Mal von einem Mann, der sich selbst nur Tanaai nannte.

Dieser Name wird häufiger in Berichten über verschiedene Gerichtsverfahren genannt. Bei diesen Berichten ist im besonderen bemerkenswert, dass diese Verfahren im Laufe der Jahre in verschiedenen Herrschaftsgebieten stattfanden, so dass man davon ausgehen kann, dass das Ansehen dieses Mannes unter den Herrschenden sehr ausgeprägt war.

Noch bis kurz vor seinem Tode arbeitete der Tanaai im Auftrage des edlen Lords Karn von Aswera an der „Lex Aswera“, einem ersten schriftlich fixierten Gesetzeswerk, welches noch bis in die heutige Zeit hinein die Grundlagen für das moderne Rechtsverständnis begründet.

Die ersten offiziellen Aufzeichnungen des Ordens der Tanaai berichten erst Jahre später in einigen Bruchstücken von Reden den Reden des Tanaai, sie umfassen darüber hinaus aber auch handschriftliche Notizen zu den Tugenden, dem Recht und die Moral, sowie, in ihrem größten Teil, die Erinnerungen von Gefolgsleuten von ihm.

All diese Dokumente in ihrer Gesamtheit begründen den Grundstein, auf dem der Orden der Tanaai noch heute ruht.

Das Leben eines jeden Mitglieds der Tanaai wird durch vier grundlegende Aspekte geprägt.

Die Gerechtigkeit ist das höchste Gut, welches der Orden der Tanaai anstrebt.

Nur durch die Verwirklichung von Gerechtigkeit ist es möglich, den notwendigen Ausgleich der widerstreitenden Interessen in den bestehenden Gesellschaftsstrukturen zu erreichen und dabei den grundlegenden Wert eines jeden Menschen – unabhängig von Stand, Ansehen oder Besitzt – zu achten.

Die Ehre muss dabei die Grundlage eines jeden Handelns eines Mitglieds der Tanaai sein.

Nur wer ehrenhaft handelt, verdient die Anerkennung, Gerechtigkeit ausüben zu können, da sein Verhalten somit nicht mehr durch rein subjektive Gründe beeinflusst wird. Durch die Ehre wird das Handeln des Einzelnen gebunden und damit berechenbar, fast verobjektiviert, was ebenfalls zur Ordnung in der Gesellschaft beiträgt.

Der Respekt ist es, den ein jedes Mitglied der Tanaai gegenüber seinen Mitmenschen aufbringen muss.

Nur der respektvolle Umgang ermöglicht es, die Argumente des Gegenüber bewusst aufnehmen und reflektieren zu können, womit der Respekt eine weitere Grundlage für die Verwirklichung von Gerechtigkeit ist. Darüber hinaus ist der Respekt auch Ausfluss der elementaren Anerkennung des Wertes des Anderen.

Die Loyalität hilft dem Mitglied des Ordens der Tanaai, sich in der Gemeinschaft und gemeinsam mit der Gemeinschaft verwirklichen zu können.

Durch die Loyalität wird der Einsatz einzelner Individuen gebündelt und verstärkt. Dabei gilt es aber im Besonderen zu beachten, dass die Loyalität nur den anderen Aspekten dienen und keinesfalls über ihnen stehen soll. Als besonderen Ausdruck dieser Erkenntnis besteht daher in dem Orden der Tanaai ab der Aufnahme des Mitglieds als Ritter in den Konvent des Ordens eine Weisungsungebundenheit. Die Loyalität soll den Einzelnen mit der Gemeinschaft verbinden, nicht aber die Tugenden des Einzelnen überlagern.

Ein neues Mitglied wird als Anwärter in den Orden aufgenommen.

Die Anwärter des Ordens werden in der Kunst des Schreibens, des Lesen, der Mathematik, sowie in Geschichte und Ethik ausgebildet. Üblicherweise sind die Anwärter noch sehr jung, meist sind es Kinder, die von ihren Eltern in die Obhut des Ordens übergeben werden.

Nachdem sich ein Anwärter in den einzelnen Bereichen bewiesen hat, wird er in einer Zeremonie zu einem Novizen ernannt. Die Novizen werden im Besonderen in der Rechtskunde, der Rechtsauslegung, der Kampfeskunst zu Fuß und zu Pferde, in den Grundlagen der Verwaltung und des Handelns, sowie in Ethik ausgebildet.

Mit dem Abschluss auch dieser Ausbildung wird der Novize durch den Großmeister des Ordens zu einem Ritter ernannt. Als Ritter wird er Mitglied des Konvents des Ordens und erhält ab diesem Tage als Zeichen seiner nun erreichten Ungebundenheit eine silberne Kette.

Die Ritter sind es, die die Ideale des Ordens nach Außen tragen. Ihnen obliegt in der Stadt Arkania mit Zustimmung der Handelsfamilien und des Rates der Stadt die Rechtsprechung in den Gebieten der Stadt, darüber hinaus haben sie in Teilen die Verwaltung, das Schulwesen, wie auch den militärischen Schutz übernommen.

Ein Ritter, der sich durch seine Taten besonders ausgezeichnet hat, bekommt vielleicht einst Möglichkeit, ein Meister des Ordens zu werden.

Der Orden selbst verfügt über vier Meister, welche in den Bereichen Recht, Militär, Ausbildung und Handel die Ordenstätigkeit organisieren.

Als Zeichen seines Ranges trägt ein Meister eine silberne Doppelkette.

Die grundsätzliche Entwicklung der Ordens, sowie seine offizielle Vertretung nach Außen bestimmt der Großmeister des Ordens.

Er selbst wird auf jeweils zehn Jahre gewählt, kann aber bei Bedarf auch mehrfach gewählt werden.

Das Zeichen des Großmeisters ist eine silberne Doppelkette mit einem eingebundenen großen schwarzen Edelstein, dem so genannten Auge des Raben.

Der Orden der Tanaai verfügt über zwei Gremien, welche die Kompetenz hinsichtlich der Entscheidungsfindung von Fragen höchster Priorität besitzen.

Der Hohe Rat der Tanaai ist der Zusammenschluss des Großmeisters, der vier Meister, so wie von zwei Rittern des Ordens, welche durch den Konvent des Ordens für jeweils fünf Jahre gewählt werden. Der Hohe Rat tagt einmal pro Woche. Ein jedes Mitglied der Tanaai, unbeachtlich seines Ranges, hat das Recht, den Hohen Rat anzurufen. Innerhalb des Ordens besitzt der Hohe Rat eine Ausgleichsfunktion sowie eine Ordnungsfunktion. Ihm selbst obliegt die Klärung der Fragen der ständigen Verwaltung des Ordens, sowie jener Aufgaben, welche eine besondere Eilbedürftigkeit aufweisen. Darüber hinaus kommt dem Hohen Rat noch eine Vielzahl von ordensexternen Aufgaben zu, hierbei im Besonderen in der Rechtspflege, der Verwaltung und dem Handel, in welchen Bereichen der Hohe Rat unter gewissen Voraussetzungen auch von Nicht-Mitgliedern des Ordens angerufen werden kann.

Das höchste Gremium des Ordens ist aber der Konvent. In dem Konvent sind alle Ritter, die Meister und der Großmeister gleichberechtigt gemeinsam vertreten. Der Konvent wird von dem Großmeister geführt. Einmal pro Jahr tagt der Konvent. Ein jedes Mitglied des Konvents hat dann das Recht, seine Stimme zu erheben und Vorschläge für eine Entschlussfassung zu machen. Die Entschlüsse des Konvents besitzen Bindungswirkung gegenüber dem Orden, nicht aber – aufgrund der Weisungsungebundenheit –gegenüber dem einzelnen Mitglied. Der Konvent beschäftigt sich inhaltlich mit den zentralen Fragen des Ordens oder aber mit Fragen, die durch den Hohen Rat nicht geklärt werden konnten. Alleine dem Konvent steht es zu, einen Ausschluss aus dem Orden zu beschließen. Die Anwesenheit von Nicht-Ordensmitglieder bei dem Konvent ist unzulässig.


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Verfasst: Fr Aug 29, 2003 10:54 am
von Roderich
3. Arkania und die Umgebung:

Aus den Chroniken zu Arkania:

Arkania – die schimmernde Stadt.

Arkania ist eine wunderschöne kleine Stadt, welche am Ufer des Sees Raahn liegt.

Räumlich ist Arkania dabei zweigeteilt.

Viele Hütten aus einem dunklen Torf errichtet schmiegen sich zum einen über mehrere Kilometer an dem Ufer des Raahn entlang. In der frühen Stund, wenn die Sonne gerade am aufgehen ist, wird das Sonnenlicht durch den See auf die dunklen Fischerhütten reflektiert, was ein wunderschönes Funkeln und Schimmern erzeugt.

Neben diesem Bereich mit Fischerhütten umfasst Arkania noch eine etwas im Hinterland liegende Ansammlung von Hütten und Häusern. Dies ist das Zentrum des Handelns und des Lebens in Arkania. Hier befindet sich das Ratsgebäude, wo sich die Handelsfamilien treffen, hier befindet sich aber auch die aus einem fast schwarzen Stein erbaute Ordensfestung der Tanaai, sowie der Marktplatz, wo sich die Menschen zum Handel treffen.

Die wirkliche Macht in Arkania geht traditionell von den drei Handelsfamilien der Stadt aus. Früher gab es einen Herrscher von Arkania, welcher in Abhängigkeit der wirtschaftlichen Zuwendungen durch die drei Familien die Politik einer der Familien favorisierte. Dies führte im Laufe der Zeit aber zu einem Zuwachs an Unrecht, Bestechung, Enttäuschungen, somit zu immer mehr Konfliktpotential. Vor vielen Jahren kam zu einer fürchterlichen Eskalation der Gewalt. In der sogenannten Nacht des Feuers, brach die verdeckte Feindschaft der Handelsfamilien zu einem offenen Kampf aus. Der Herrscher, damals Larenon II., wurde vollständig überrascht. Fast 20 % von Arkania vergingen in einer Orgie der Gewalt. Dies war der Augenblick, wo der Orden der Tanaai zum ersten Mal in die politischen Angelegenheiten von Arkania eingriff. Durch Verhandlungen des damaligen Großmeisters Sarunor gelang es, eine neue politische Struktur zu begründen, die Sicherheit und Frieden gewährleisten sollte. An die Stelle des einzelnen Herrschers wurde ein Rat gesetzt, der aus jeweils einem Mitglied pro Handelsfamilie bestand. Dieser Rat konnte nur einheitlich über die Politik der Stadt entscheiden. Die Entscheidungen des Rates selbst wurden durch die Mitglieder des Ordens der Tanaai umgesetzt, welche die Verwaltung unabhängig ausüben sollten.

Diese Politik brachte Frieden in die Stadt, alleine, sie hatte auch einen Nachteil. Faktisch konnte der Rat nicht mehr wichtige Entscheidungen treffen, die Notwendigkeit von einer einheitlichen Wahl blockierte alle grundlegenden Beschlüsse. Somit herrschte über Jahre hinaus Frieden, aber auch eine lähmende Stagnation in Arkania.

Im Jahre 285 machte sich aber ein Wandel bemerkbar.

Alles schien damit anzufangen, dass in jenen Wintermonaten ganz unerwartet ein neuer Großmeister des Ordens der Tanaai ernannt wurde.

Ein Vorgang, welcher in der bisherigen Geschichte des Ordens ohne Beispiel war.



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Lord Roderich von Arkania
Großmeister des Ordens der Tanaai
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Verfasst: Fr Aug 29, 2003 10:13 pm
von Roderich
4. Ein neuer Großmeister:

Aus den Erinnerungen von Nachnar Jald:

Es war wieder einer dieser fürchterlichen Tage im Winter. Einer jener Tage, wo ein vernünftiger Mensch zu Hause bei Weib und Familie bleibt und sich an dem wärmenden Feuer erfreut.

Ich aber musste an diesem Tage meinen Verpflichtungen in der Halle des Hohen Rates in der Ordensfestung erfüllen. Ich weiß nicht, wer einst diese Festung geplant haben mag, er hat aber sicherlich nicht an die Menschen gedacht, die sich im Winter hier aufhalten müssen. Sicherlich mag der schwere schwarze Stein, aus dem die Festung errichtet wurde, seinen Eindruck nicht verfehlen, alleine, er führt auch dazu, dass die Kälte aus dieser Festung nicht zu vertreiben ist. Im Sommer sicherlich eine Wohltat, scheint der Aufenthalt hier im Winter einer Tortur gleichzukommen.

Ich stand also an diesem Tage im Vorraum der großen Halle und versucht mich unauffällig an einem der aufgestellten Feuerkelche zu wärmen. Als Ritter des Ordens und Hauptmann der Wache kam es mir ja eigentlich nicht zu, zu frieren, aber irgendwie schien ich doch nicht ausreichend von den Lehren Tanaai aufgenommen zu haben.

Während ich so fror, blickte ich mich in dem Vorraum um und beobachtete das übliche Treiben an diesem Orte. Wie immer an den Tagen, wo der Hohe Rat zusammen kam, hatte sich wieder eine Vielzahl von Bittstellern eingefunden, welche ein Anliegen vortragen wollten.

Nach all den Jahren hatte ich mittlerweile ein Gespür dafür entwickelt, was die einzelnen Leute von ein Begehr hatten. Ich sah Händler, welche sich wieder einmal zu sehr durch die Steuerlast gedrückt sahen, ich sah zwei sich verfeindete – ich schätze ihrer Kleidung und vor allem, ihrem Geruch nach – Fischer die mit dem Rechtsspruch eines Ritters nicht einverstanden schienen und sich gleichermaßen durch diesen Spruch benachteiligt fühlten, ein Gesandter des Stadtrates, und eine Vielzahl von anderen Menschen.

Heute würde es wieder ein sehr langer Tag werden, aber was ist schon mein durch einen warmen Backstein erwärmtes Bett gegen die Ehre hier die Wache führen zu dürfen.
Ganz im Gegensatz zu mir schienen die beiden Novizen, welche die schweren hölzernen Flügeltüre der Ratshalle bewachten, nicht unter der Kälte zu leiden. Ich sah in ihren Augen der Stolz, das erste Mal eine solche Aufgabe übernehmen zu dürfen. Ach, das Leben konnte manchmal doch so einfach sein.

Während ich mich so meinen eher missmutigen Gedanken hingab, hörte ich von dem Ausgang der Vorhalle ein Stimmengewirr. Neugierig geworden wandte ich mich in diese Richtung und durchschritt die Halle. Die Luft war stickig und erfüllt vom Ruß der Fackeln und der Feuerkelche, welche die Halle erhellen sollten. Am Ende der Halle erblickte ich einen ebenfalls noch jungen Novizen, welcher - ein wenig kleinwüchsig - mit dem großen Speer einen eher unterhaltsamen, als denn abschreckenden Anblick bot.

Mit hektischen Worten redete dieser Novize auf eine etwas abgerissen wirkende Gestalt ihm gegenüber ein. Ich näherte mich den beiden und nutzte die Gelegenheit, diese Gestalt näher zu betrachten. Ein Mann, wohl so um die 30 Jahre alt, eine schmächtige Statur, sein Gesicht ebenfalls ein wenig eingefallen, die Kleidung einst wohl gut verarbeitet, mittlerweile aber sehr abgetragen.

Mit einem ruhigen Blick beobachtete er den jungen Novizen, um seine Lippen lag der Hauch eines Lächelns. So ich vorher annahm, das es sich hier um einen Bauern handelte, wurde ich durch diesen Blick doch verunsichert. Selten sah ich einen so traurigen Ausdruck in den Augen eines Menschen.

Mit leisen Worten begann der Mann zu sprechen, sein Blick hatte sich nun mir zugewandt: „Roderich, Ritter des Ordens, Großmeister Hardan erwartet mich.“ Nachdem ich vorher schon ein wenig verwirrt war, verblüfften mich diese Worte nun vollends.

Roderich, der Name schien mir anfangs unbekannt. Ich begann nachzudenken, in welchem Zusammenhang ich diesen Namen das letzte Mal gehört hatte. Mich schauderte es, als es mir einfiel. Roderich hieß der Ritter, welcher vor so vielen Jahren im Auftrag des Hohen Rates fortgeschickt wurde. Eine sehr merkwürdige Geschichte damals, deren genauen Hintergründe sich mir nie eröffnet hatten. Es hieß aber, eine Prophezeiung wäre dem Hohen Rat eröffnet worden. Roderich wurde entsandt, dieser Legende nachzugehen. Ich hatte noch nie an diese abergläubischen Geschichten geglaubt. Aber dies war doch bereits Jahre her.

„Gestattet ihr, dass ich den Hohen Rat aufsuche ?“ erklang seine Stimme, ein Eindruck von Amüsement klang den Worten mit. Ich fasste mich wieder und nickte. Ich ging direkt auf die Doppeltüren zu, der Mann folgte mir. Mittlerweile hatte sich die Lautstärke in der Vorhalle deutlich gesenkt und die Menschen schienen neugierig zu schauen, was geschah. Ich ignorierte die Blicke, nickte kurz den beiden Novizen zu und trat dann durch die Türen.

Es muss ein Schelm gewesen sein, wer sich den Namen „Große Halle“ einfallen ließ. Die Halle war gerade mal halb so groß wie ihr Vorraum und durch die großen eichenen Tische, welche gegenüber der Tür aufgestellt waren, schien der Raum noch kleiner.

Mit einer kurzen Handbewegung bat Großmeister Hardan den anwesenden Händler um einen Moment Ruhe, dann wandte sich sein Blick mir zu. Leicht unsicher erhob ich meine Stimme: „Hardan, ich muss euch melden, Roderich, Ritter des Ordens, ist zurückgekehrt und bittet um Gehör.“ Großmeister Hardan, ein eher unscheinbar wirkender, etwas älterer Mann schaute überrascht auf. „Bittet ihn zu uns“, sagte er kurz entschlossen.

Leicht missmutig erhob sich der Händler und verließ die Halle, während Roderich eintrat. Obwohl ich gerne geblieben wäre, verließ ich aber ebenfalls die Halle.

Meine Befürchtung über die Länge des Tages sollten sich im folgenden bewahrheiten. Fast acht Stunden lang wurden die Türen zu der Halle nicht mehr geöffnet. Nach drei Stunden entschloss ich mich bereits, unter allgemeinen Unmutsäußerungen, die Anwesenden zu vertrösten. Nach einer ewig wirkenden Zeit öffneten sich endlich die Türen zu der Großen Halle. Großmeister Haran schritt als erster hinaus. Sein Gang erschien schleppend, sein Blick war erschöpft, was auch immer er in den letzten Stunden gehört zu haben schien, es war nichts erfreuliches.

Nach ihm schritt bereits dieser Ritter namens Roderich. Ich wollte mich bereits abwenden, als mich der erstaunte Ausruf eines der beiden Novizen davon abhielt.

Roderich, dieser doch so abgerissen wirkende Ritter, er trug über seine wollene Tunika, die silberne Doppelkette mit dem Augen des Rabens.

Was war nur in dem Hohen Rat besprochen worden ?

Völlig verblüfft starrte ich Großmeister Roderich hinterher.

Er aber, ohne ein Wort zu sagen, verließ die Vorhalle.


Verfasst: Mo Sep 01, 2003 2:49 pm
von Roderich
5. Die Herrschaft:

Aus den Erinnerungen des Ritters Larus:

Es war wieder einmal eine jener langweiligen Sitzungen des Hohen Rates.

Sicherlich mag der Zwist zwischen den Händlern für diese sehr wichtig erscheinen, aber warum nur vertrauen sie nicht den Entscheidungen der Ritter. Einer der anwesenden Meister, ich konnte nicht erkennen, wer von ihnen genau, stöhnte theatralisch auf, als der Hauptmann der Wache zum wiederholten Male am heutigen Tage zwei Händler ankündigte, welche um Gehör baten.
Alle schienen erschöpft durch den langen Tag, alleine, Großmeister Roderich wirkte nach wie vor auf das Höchste konzentriert. Er lächelte ein wenig über die Reaktion des Meisters und flüsterte seinem Nachbarn etwas zu, jenem dunkelhäutigen Mann Namens Aj´sar. Aj´sar wirkte groß, seine ganze Statur strahlte Kraft und Durchsetzungsfähigkeit aus, welch ein Vergleich zu dem doch so schmächtigen Großmeister. Aj´sar bevorzugte als Kleidung eine Art von wehendem Gewand, welches durch seinen Schnitt die Fremdartigkeit des dunkelhäutigen Mannes noch weiter unterstrich. Aj´sar akzeptierte das Wort des Großmeisters, aber er war kein Mitglied des Ordens. Ein um das andere Mal hatte er sogar gegenüber den Meistern deutlich gemacht, dass er die Struktur und das Vorgehen des Ordens als unnötig kompliziert ansehe. Trotz allem schien Großmeister Roderich sein Wort zu achten, so akzeptierten auch wir – einer mit mehr Unwillen als der andere – seine Anwesenheit bei dem Hohe Rat.

Als ich noch so am Grübeln über Aj´sar war, öffnete sich überraschend die Tür zu der großen Halle erneut. Der Hauptmann der Wache, er wirkte leicht nervös, verkündete lautstark die Ankunft des Rates der Stadt Arkania. Mit einer Handbewegung beendete Großmeister Roderich den Vortrag der anwesenden Händler. Mit leiser Stimme bat er sie um Verständnis, das Anliegen der Stadträte sei wohl wichtig. Die Händler, beide darauf bedacht sich hinsichtlich des Kontrahenten keine Blöße zu geben, äußerten ihr Verständnis, verbeugten sich und verließen die Halle.

Kurze Zeit später trafen dann die drei Stadträte ein.

Varus Carenau, ein etwas dicklich wirkender, Gemütlichkeit ausstrahlender Mann, nahm als erstes Platz gegenüber dem Großmeister. Er war der vernünftigste von den drei Gesandten der Handelsfamilien, welche gemeinsam den Stadtrat bildeten. Wie üblich war er recht unordentlich bekleidet und zumindest seine Tunika wies bereits Spuren der letzten Mahlzeit auf. Eigentlich hatte ich noch nie Unruhe in dem Gesicht von Varus gesehen, heute aber wirkte er überraschend nervös.

Nach ihm trat Albericht Wahrenheim ein, ein noch junger Mann und leider – ich muss es in dieser Deutlichkeit sagen – ein wahres Ekel. Für ihn schien alleine sein Aussehen, sein Auftraten und seine Position Bedeutung zu haben. Bereits seine Augen schienen die Arroganz auszustrahlen, die sein ganzes Verhalten prägte. Auch heute war er wieder in eine teure, dunkelfarbige Gewandung gekleidet, deren Wert alleine wohl zwei Bauernfamilien durch das Jahr bringen könnte. Sein ganzes Verhalten wirkte – wie üblich - sehr feindselig.

Als letztes betrat Larina Ersen die Halle. Mit einem Lächeln muss ich immer noch an ihre Ernennung zur Stadträtin denken. Es schien damals, als wenn Albericht die Ernennung einer Frau zum Stadtrat als persönliche Beleidigung auffassen würde. Fast ein Jahr lang hat es gedauert, bis sich der Stadtrat überhaupt das erste mal wieder traf. Händler sind schon merkwürdige Leute. Heute trug Larina, entgegen ihrer sonst üblichen Vorlieben, ein hübsch anzusehendes Kleid. Sie lächelte in die Runde, bevor sie sich, bewusst oder nicht, direkt neben Albericht setzte und diesem etwas zuflüsterte, was dessen Gesicht noch mehr verfinsterte.

Varus Carenau erhob als seine Stimme.

„Großmeister Roderich, ehrenwerte Meister und Ritter. Der Rat der Stadt Arkania tritt heute mit einem wichtigen Anliegen an den Orden der Tanaai und im Besonderen an den Großmeister Roderich heran.

Wie allen Anwesenden bekannt ist, hat Arkania die letzten Jahre immer wieder unter vereinzelten Orkangriffen gelitten. Die Aktivität der Orkhorden scheint dabei in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen zu haben. Der Schrecken erreichte dann im letzten Jahr seinen vorläufigen Höhepunkt, als fast 1/3 des Gebietes Arkania durch die Orks erobert, Hunderte von Menschen getötet oder vertrieben wurden.

Eine schreckliche Zeit, die hinter uns liegt, eine noch schrecklichere Zeit, die nun vor uns liegt.

Die Späher, die wir ausgesandt haben, berichten zur Stunde von insgesamt fünf Orkhorden, die sich in unmittelbarer Nähe zu Arkania befinden.

In dieser dunklen Stunde zeigt sich die wahre Schwäche Arkanias.

Das Volk von Arkania braucht einen Herrscher, der ohne Zwist und Streit das Volk von Arkania aus dieser Gefahr heraus führen wird.

Großmeister Roderich, im Auftrag des Rates der Stadt Arkania möchte ich euch heute die Macht des Lords von Arkania antragen, welche seit dem Tode Larenon II. , des letzten Herrscher Arkanias,. ruhte.“

Stille breitete sich im großen Saal aus.

Voller Überraschung und Erstaunen blickte ich auf den Rat. Was geschah hier ? Leise flüsterten die Meister miteinander. Sie, wie auch Roderich selbst, schauten nicht wirklich verwundert drein. Roderichs Blick schien voller Bedauern, er nickte wie jemand, der sich seinem unerfreulichen Schicksal ergab, und begann zu sprechen.

„Ehrenwerter Rat, ich, Roderich, Großmeister des Ordens der Tanaai, erkläre mich am heutigen Tage unter der Beanspruchung aller Macht gegenüber dem Volke von Arkania, zum Lordherrscher, so wie es geschrieben steht.“

Den letzten Halbsatz hatte Roderich fast nur geflüstert, ich hatte ihn aber vernommen.

So wie es geschrieben stand, hatte er gesagt, was meinte er damit ?

Was geschah hier in Arkania ?