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Auf dass der Federkiel nicht breche...

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karam
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Registriert: Sa Aug 14, 2004 10:19 pm

Auf dass der Federkiel nicht breche...

Beitrag von karam »

"Sintemalen es einem neuen Herrscher ankommen mag, seinen Ruf in die Weiten Tamars hinausreichen zu lassen, zumal bis an die weiland noch unentdeckten Gefilde rings um des betreffenden Schreibers Gemarkungen, belieben wir - wiewohl noch im Anfangsgrunde unseres Herrscherseins - als freier und (noch) kleiner Inhaber eines Reiches allen hochwohlgeborenen und edelfreien Damen und Herren Tamars unseren Gruß und wohlfeilen Dank für geneigtes Gehör darzubringen."

Es tut mir leid, wenn dieser erste Absatz gar zu steif und offiziell erscheint, doch das bin ich mir, Cadugar von Nuraniyya, insofern schuldig, als ich passionierter Historiker, Archivar, Kalligraph und Gelehrter bin und gewissermaßen in die Rolle des nuranischen Herrschertums hineingeraten bin.
Aufgestört aus der Abgeschiedenheit meines Studierturmes, von den Höflingen gedrängt, doch dem Mißstande eines vakanten und völlig verarmten Kleinkönigtums abzuhelfen, sah ich meine Pflicht und Verantwortung den Lebenden wie noch Ungeborenen meines Volkes und beugte mich - wie sollte es anders sein - noch mehr unter der Last tintenfeuchter Rollen und gerade gefertigter Pergamente, und sporne derzeiten Kundschafter und Schreiber an, mit höchstem Eifer unseres Hofes Unwissen über die geschätzten Nachbarreiche zu tilgen wie der Schreiber die obsoleten Zeilen des Palimpsest. :o

Sehet mir, so meine respektvolle Bitte, diese Einleitungsworte nach, so Ihr sie nicht zu schätzen vermöget, und wisset, dass unserem Reiche an Handel und Wandel sowie der Wissenschaft gelegen ist, mehr am Spitzen der Feder denn am Schleifen des Schwertstahles. :roll:

Allen neuen Reichsgründungen senden wir gute Wünsche, allen bestehenden unseren Respekt, allen sterbenden unser Beileid und allen gewesenen unsere Widmung in den Chroniken und Annalen, welche wir wohl zu führen imstande sind.

Segensreich der, welchem Wissen und Auffassungsgabe alle guten Wege eröffnen mögen,

Cadugar von Nuraniyya
Weiser der Akademie zu Barkhanat
Cadugar, Herrscher von Nuraniyya
Weiser der Akademie von Barkhanat
Kanzler des Norderbundes
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karam
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Beitrag von karam »

Im flackernden Licht mehrerer Kerzen zeichnen sich seltsame Zeichnungen von Maschinen und Erfindungen ab, die von längst verstorbenen Forschern auf feines Pergament gebannt wurden.
Cadugar – geborgen in seinem Studierturm, der letzten Zufluchtsstätte des Wissens in Barkhanat – legt die Rollen gerade zur Seite und will zwei neuere Bücher zum Vergleich danebenlegen, als auf der Wendeltreppe Getrampel und leise Stimmen ertönen.
Rasch packt er die Rollen in den ledernen Behälter, die Bücher ins Regal hinter ihm, als auch schon heftig an die schwere Tür des Studierraumes gepocht wird.

Weil Cadugar schon vor vielen Jahren einen verborgenen Sichtschacht hatte anlegen lassen, die Tür mit schwerem Eisenbeschlag gesichert ist und zudem ein nur ihm bekannter alter Geheimgang aus dem Gemäuer hinausführt, betrachtet er die draußen im Gang stehenden Männer. Im Fackellicht zeichnen sich die Gesichter des Stadtrates von Nuraniyya ab, flankiert von mehreren Mitgliedern des Regentschaftrates von Barkhanat.

Nachdem sie eingelassen wurden, folgen sie nur mit äußerster Selbstbeherrschung dem Ritual der Begrüßung, welches Fragen und Rückfragen nach Gesundheit, Familie, Kindern, Neuigkeiten und Segenswünschen umfasst. Endlich fordert sie Cadugar mit der traditionellen Bitte auf, sich zu setzen, und alle gruppieren sich, gemäß ihrem Rang, auf die Eckbänke im Studierraum, der nun freilich kaum mehr Platz aufweist als für ihrer Zehn, sodass die restlichen fünfzehn Männer vor der Tür stehen bleiben müssen.

So beginnt Aramqu, Reichsverweser von Barkhant, seine Rede:

„Edler Cadugar, wir kommen mit außergewöhnlichem Begehr. Wisset, dass vor drei Tagen in der Stadt Nuraniyya der letzte Stadtherrscher, Karhapu, durch Herzschlag verstarb; doch schon seit mehreren Jahren klagte uns der – auch hier versammelte - Rat jener Stadt über Misswirtschaft und Verfall. Doch hört sie selbst.“

„Edler Cadugar“, beginnt der Sprecher des Stadtrates, „auch wenn es sich nicht gebührt, über Verstorbene unlöbliche Rede zu führen, so muß doch der Gerechtigkeit den Bürgern gegenüber gesagt sein, dass der Dahingegangene – möge seine Seele Frieden finden – seine Situation weidlich zu seinen Gunsten ausnutzte und Korruption in der Stadt weit verbreitet war.

Da Nuraniyya in den Ebenen Tamars liegt, weit fort von unserer Weltgegend, war es uns erst letztes Jahr möglich, einen Boten an den Hof Eures geschätzten Vaters zu senden. Aufgrund der jüngsten Ereignisse – dem Tode Eures herrscherlichen Vaters, dem dadurch notwendigen Einsetzen des Regentschaftsrates über Barkhanat und der desolaten militärischen Lage unseres Landes – mussten die Belange des fernsten Außenpostens von Barkhanat, unserer Stadt Nuraniyya eben, zurückstehen.

Doch nun geht es um unsere bloße Existenz: weder ein Kriegsherr, noch ein Stadthalter von zweifelhafter Loyalität kann mehr helfen. Ein Sproß der herrscherlichen Linie muß versuchen, diesen Ort wieder zum Pol der Gelehrsamkeit und Wissenschaft, zur Trägerin des diplomatischen Lichtes, zum Zielpunkt der großen Geister werden zu lassen.“

„Und da hattet ihr wohl an meinen Bruder, Zaraqgar, gedacht?“

„Mit Verlaub, edler Cadugar, weniger an ihn, als an Euch.“

Entgeistert blickt Cadugar dem Ratssprecher ins Antlitz, um dann halb im Scherz, halb im bitteren Ernst zu fragen: „Meinst Du denn, mit Tinte und Pergament, mit Bücherwälzen und Forschen in Studierstuben lässt sich eine kleine, anarchische Stadt retten?“

„Gerade und nur durch die Tugenden, die Ihr eben aufzähltet“, erwidert der Sprecher des Rates von Nuraniyya, „denn wer mit Tinte und Pergament gewissenhaft umzugehen versteht, verwaltet gut, wer Bücher wälzt, müht sich und meidet die Faulheit und Bequemlichkeit, wer forscht in der Studierstube, kann vielleicht Lösungen auf neue Probleme finden, die schon von unseren Weisen der Altvorderenzeit aufgezeichnet und leider vergessen wurden.
Kurz, edler Herr, wir beraten uns nun seit zwei Tagen mit den Regentschaftsrat von Barkhanat, hatten freilich auch Euren Bruder, den edlen Herrn Zaraqgar, in die engere Wahl genommen, doch zum einen ist er eher ein Heerführer als Verwalter, zum anderen – offen gestanden – missfiel ihm auch, sich in einer fast zum Dorf herabgesunkenen Stadt einzufinden, die ja dem Rang eines Herrschersprosses nicht entspricht…“

Der Sprecher verstummte, vor Scham errötend, da ja dasselbe Argument für auch Cadugar galt; während die übrigen Ratsmitglieder verbissen und erfolglos versuchten, die Tränen zu unterdrücken, richtete sich Aramqu auf, erhob sich und brachte mit klarer Stimme den Satz vor:

„Edler Cadugar,
als Oberhaupt des Regentschaftsrates von Barkhanat habe ich – in Abwesenheit eines ordentlich gewählten Herrschers unseres Staates – die Pflicht und also auch das Recht, einem jeden Nachkommen der herrscherlichen Linie für die Dauer eines Mondjahres, solange nämlich unsere Regentschaft weilt, Aufgaben zuzuteilen.
So bitte ich, mit allem Respekt, die Stadt Nuraniyya aus ihrer furchtbaren Lage herauszuführen und so auf dem fernsten Außenposten Barkhanats Ruhm zu mehren und unsere Weisheit und Gelehrsamkeit anderen Völkern darzubieten, ohne Waffe oder Armee, nur mit der Überzeugungskraft unserer Wissenschaften und Philosophie.“

Gemessen beugte sich Cadugar vor Aramqu, in der Erkenntnis, dass das Wohlergehen des Staates ihm keine Wahl ließ. Die Männer im Raum machten eine Gasse frei, und die hochherrscherliche Leibwache trat ein.

„Begleitet den edlen Cadugar zu den Festungskammern der Bastion, rüstet euch mit allen notwendigen Dingen aus und reist noch morgen ab. Verpackt zudem alle Schriften und Bücher und sämtliche astronomischen Gerätschaften der herrscherlichen Sternwarte, denn diesen Grundstock zum Neubeginn wird der neue Herrscher von Nuraniyya, der edle Cadugar, nötig haben.“

Hier endete alle Rede,sämtliche Versammelten verbeugten sich vor dem Gelehrten, während die Wachen salutierten.

Stille breitete sich aus, die Wachen traten zur Seite, und Cadugar blickte sich ein letztes Mal in seinem verlorenen Paradies des Forschens um. Schließlich riß er sich von dem Anblick los und trat entschlossen über die Schwelle des Turmzimmers, gefolgt von der Garde und dem Stadtrat von Nuraniyya, um niemals mehr zurückzukehren, unterwegs zu einem noch ungewissen Schicksal, doch erfüllt von einer erregenden und noch nie gewesenen Herausforderung.
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