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Nachruf der Lady Ssringa de Monmyraj

Verfasst: So Apr 18, 2004 9:18 pm
von Godefroy
Als ich heute in aller Frühe durch die Flure in Schloss Wolkenstein wanderte, um überall nach dem Rechten zu sehen, stieß ich fast mit dem Grafen zusammen. Er kam total übernächtigt aus der Tür seines Büros, ein vor Feuchtigkeit schlaffes Pergament in den Händen haltend. Er selbst sah noch schlimmer aus. Ein Bild des Grauens, um Jahrhunderte gealtert. Als er meiner gewahr wurde drückte er mir wortlos und mit trüben Augen das Pergament in die Hand. Nachdem er sich umgewendet und einige Schritte Richtung Schlafzimmer geschlichen war drehte er sich noch mal zu mir um. Er sagte mir, dass er die nächsten Jahre nicht die Taverne besuchen und stattdessen in Stille trauern wolle. Dafür bittet er um Verständnis. Dann schleppte er sich endgültig zu den so furchtbar leeren Schlafgemächern. Mögen die Götter seiner geschundenen Seele gnädig seyn!

Im weiteren Text finden die Herrschaften den Inhalt des Pergaments, welches mir Godefroy übergab. Es handelt sich um den Nachruf seiner Gattin. Da das Pergament völlig aufgeweicht und durch die zahlreichen Änderungen, Korrekturen und Verbesserungen nahezu unleserlich ward, habe ich mir erlaubt eine Abschrift anzufertigen und diese nun hier zu veröffentlichen.

Winkelrid aus der Bredouille,
Knappe am Hofe de Monmyraj

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Nachruf für Ssringa de Monmyraj geb. Shangarr

Sie ist von uns gegangen,
von uns allen,
stark und aufrecht, wie sie lebte.
Voller Liebe und schöner als der kühnste Dichter beschreiben könnte,
die Augen strahlend, Sternen gleich,
das Haar so seidig und glänzend,
die Haut wie Alabaster und duftend wie der Frühling.
Eine Gattin eines Kaisers würdig.
Eine fürsorgliche und liebevolle Mutter sicher auch,
wenn das Schicksal es zugelassen hätte.
Oh Ihr Götter!
Ich verfluche Euch!
Meine engelsgleiche Gattin in der Stunde ihrer Selbstfindung aus dem Leben zu reißen!
Hatte sie es doch auch zu Lebzeiten schon schwer genug.
Eine junge Blüte unter Dornen und Gestrüpp,
zartes Wesen in Mitten der rauen Wirklichkeit, der es so gar nicht anzugehören schien.
Oh Ihr Götter!
Ich verfluche Euch!
Ich verfluche Euch, meiner Gattin das Mutterglück versagt zu haben!
Meine Gattin, das zarteste aller Wesen, war eine Prophetin,
zu höherem auserkoren, ja, doch diese ursprünglichste aller menschlichen Empfindungen blieb ihr verwehrt!
Zu schön, zu gut war sie.
Ihre liebreizende Erscheinung wird uns allen ewig in Erinnerung bleiben
und keine, die da kommen wird, wird sich mit ihr messen können.
Ihrer lebensfrohen und offenen Art konnte sich keiner entziehen,
selbst ihre schlimmsten Feinde betörte sie mit ihrer Schönheit,
sowohl des Körpers als auch des Geistes.
Doch sie war noch mehr.
Tapfer stellte sie sich jeder Herausforderung.
Ihr inneres Glühen erhellte sprichwörtlich das ganze Schloss.
Alle, die sie trafen, fühlten sich davon berührt und angesteckt.
Ich selbst fühlte so viel neue Kraft in mir.
Nichts wird mehr so sein, wie es eben noch war, ohne sie....

Ssringa, ich vermisse dich!

In tiefer Trauer,
Godefroy